Dokumentation:Zum Töten erzogen

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Geoffrey wurde mit 13 Jahren von der Miliz entführt. Im Film erzählt er von seinen Albträumen. (Foto: Benedicte Kurzen/BR)
  • Mittwochnacht zeigt der BR einen Dokumentarfilm über das Schicksal von ehemaligen Kindersoldaten in Uganda.
  • "Wrong Elements" von Autor und Filmemacher Jonathan Littell befasst sich in drastischen Bildern mit der Frage, wie Opfer zu Tätern werden - ohne dabei voyeuristisch zu sein.

Von Anna Reuß

Die Doku beginnt mit Bildern von Jungen, denen die Emotionen aus dem Blick gewichen sind. Sie sind Mitglieder der Lord's Resistance Army (LRA) des Warlords und Schlächters Joseph Kony. Sie sind Opfer und Täter. Denn in den Achtzigern begann die Miliz, Jugendliche in Uganda zu entführen und zu Soldaten auszubilden. Zu menschlichen Waffen, einige derart abgerichtet, dass sie ihre Eltern ermordeten.

Der Dokumentarfilm Wrong Elements des franko-amerikanischen Autors und Filmemachers Jonathan Littell erzählt die Geschichte einiger der 60 000 Jugendlichen, die die LRA benutzte, um die Regierung Ugandas zu stürzen. Denn als 1986 der autoritäre Präsident Yoweri Museveni als Guerillaführer an die Macht kam, befriedete das zwar den Süden des Landes. Doch im Norden brachen Aufstände aus.

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Wrong Elements zeigt, wie den kleinen Soldaten die Kindheit geraubt wurde: Wackelige Amateuraufnahmen zeigen Kinder mit Gewehren, die unsicher in die Kamera blicken. Von den Verschleppten kam nur die Hälfte lebend zurück. Sie wurde im Jahr 2000 begnadigt und zurück in ihre Gemeinschaften geschickt, in ihr altes Leben.

Geoffrey etwa wurde mit 13 entführt und verschleppt. Mit 16 floh er. Danach kam er in ein Wiedereingliederungszentrum, dort träumte er jede Nacht von Leichen. Lapisa Evelyn, 1997 entführt mit 13, blieb zwölf Jahre im Busch. Die LRA-Soldaten von damals reden im Film darüber, dass die Frauen "verschenkt" wurden. Wer sich verweigerte, wurde erschossen. Der Film leuchtet tief hinein in die Psyche der Täter. Diese seien aus den Abscheulichkeiten und dem Blutvergießen herausgetreten und hätten eine Welt wiederentdeckt, die sie vergessen habe, beschrieb Littell einmal in einem Interview. Dabei macht Wrong Elements nicht den häufigen Fehler, einen voyeuristischen Blick auf Afrika als vermeintlich archaischen Kontinent zu richten. Vielmehr werden die, die Täter und Opfer, Mörder und Zeugen zugleich waren, als junge Menschen mit vielen Facetten gezeigt.

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Die Szenen der Verhaftung des Kommandeurs Dominic Ongwen, der wie Kony mit Haftbefehl durch den Internationalen Strafgerichtshof gesucht wurde, konfrontiert den Zuschauer mit dieser Ambivalenz: Welche Schuld trägt jemand, der nichts kannte außer Krieg, der vielleicht nie eine Wahl hatte? Die etwa 200 verbliebenen LRA-Kämpfer terrorisieren bis heute über Zentralafrika verteilt die Bevölkerung. Kony wurde nie gefasst.

Neben den Rückblenden bringt der Film die Jugendlichen von damals zurück in den Busch. Das habe vieles in Erinnerung gerufen, das sie nicht mal ihrer Familie erzählt habe, sagt eine der Frauen. Die Kinder, die sie dort bekommen haben, wüssten nichts. "Jetzt wo es einen Film gibt, können sie wenigstens sehen, wie der Busch unser Leben verdorben hat."

Wrong Elements , BR, Mittwoch , 22.45 Uhr.

© SZ vom 11.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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