Nach nur zehn Monaten als Hauptgeschäftsführerin verlässt Ella Wassink den Deutschen Journalisten-Verband (DJV) schon wieder. "Auf eigenen Wunsch", wie die Gewerkschaft in einer knappen Mitteilung auf der Homepage erklärt. Die Politologin und ehemalige Sprecherin des Deutschen Presserats hatte im vergangenen November die Geschäftsführung von Kajo Döhring übernommen, der den DJV zwölf Jahre lang geleitet hatte. Ihr schneller Rückzug hat nun viele überrascht. Im Juli hatte Wassink mit dem Verlegerverband BDZV noch eine Verlängerung des Corona-Tarifvertrags für Journalistinnen und Journalisten herausgehandelt. Verbandssprecher Hendrik Zörner sagte auf SZ-Anfrage, die Kündigung sei "völlig unvermittelt" gekommen. "Die genauen Gründe hat sie bislang nicht mitgeteilt."
Im Umfeld des Verbandes heißt es, dass die Arbeitsbelastung in den vergangenen Jahren stark zugenommen haben soll, zum Beispiel durch immer häufigere Verhandlungen über Haustarife in einzelnen Medienunternehmen, die dem Tarifvertrag nicht folgen. Das sei von einer Person nicht mehr zu stemmen gewesen. DJV-Sprecher Zörner will diese Begründung "nicht bestätigen". Am Aufgabenzuschnitt habe sich beim Geschäftsführerwechsel im vergangenen Jahr nichts geändert, Wassink habe den Verband und dessen Profil seit Jahren gekannt. Der Posten sei aber, räumt Zörner ein, "eine gewaltige Herausforderung für jeden, der eine solche Aufgabe übernimmt". Der Journalismus befindet sich im digitalen Umbruch. In vielen Redaktionen gibt es Umstrukturierungen und Stellenabbau und dadurch viel Arbeit für die Gewerkschaft. Neben Tarifverhandlungen leistet der DJV auch Rechtsberatung, politische Arbeit und Bildung für seine 30 000 Mitglieder.
Der bayerische Landesvorsitzende Busch wünscht sich, dass ein Nachfolger langsam ins Amt wachsen kann
Nach Wassinks Kündigung hat Justiziarin Hanna Möllers vorübergehend die Aufgaben der Geschäftsleitung übernommen, sie war zuvor schon ihre Stellvertreterin. Der Wechsel werde das Tagesgeschäft und den Mitgliederservice nicht beeinträchtigen, versichert Verbandssprecher Zörner. Wie es mit der Nachfolgesuche konkret weitergeht, kann er aber noch nicht sagen. Der Bundesvorstand, der den Geschäftsführer ernennt und sich 2020 einstimmig für Wassink entschieden hat, habe noch keine Möglichkeit gehabt, mit ihr zu sprechen. Eine Gesprächsanfrage der SZ ließ sie am Dienstag unbeantwortet.
"Schade, dass Ella Wassink geht", kommentiert Michael Busch, Vorsitzender des bayerischen Landesverbandes BJV auf Anfrage. "Sie war die richtige Frau an der richtigen Stelle." Busch wünscht sich für den DJV nun einen Geschäftsführer, "der die Möglichkeit hat, langsam in das Amt zu wachsen". Vielleicht, sagt er, müsse man auch darüber nachdenken, die Aufgaben künftig auf mehreren Schultern zu verteilen.