Es gibt ja nicht viele Leute auf der Welt, die es tatsächlich genießen, wenn sie für ein Arschloch gehalten werden. Die meisten tun nur so, als würde ihnen die Abneigung anderer nichts ausmachen - doch es gibt da wirklich einen Typen, der genüsslich lacht, wenn seine Ehefrau über ihn sagt: "Als ich ihn kennengelernt habe, da hatte ich Angst vor ihm, weil er mich an einen Nazi erinnerte." Der grinst, wenn die Tochter berichtet: "Natürlich kenne ich den Betrüger in ihm." Und der über sich selbst sagt: "Ich weide mich an diesem Hass. Ihr würdet mich nicht hassen, wenn ich nicht effektiv wäre bei dem, was ich tue."
"Politik ist Showbusiness für hässliche Menschen"
Dieser Typ ist Roger Stone, 64, der wohl begabteste Hütchenspieler der amerikanischen Politik. Der Präsidentenmacher, der Gelddrucker, der Zauberer von Oz. So wird er im grandiosen Dokumentarfilm Get Me Roger Stone gezeichnet, der gerade auf dem Streamingportal Netflix zu sehen ist: ein zynischer Egomane ohne Gewissen, der Moral für Schwäche hält. Schon als junger Mann half er Richard Nixon bei der Wiederwahl, später machte er mit sinistren Methoden erst Ronald Reagan und George W. Bush zu Präsidenten - und 2016 natürlich Donald Trump. Stone sagt dazu: "Politik ist Showbusiness für hässliche Menschen. Ich bin ein Jockey auf der Suche nach dem Siegerross, und Donald Trump ist erstklassiges politisches Pferdefleisch."
Morgan Pehme, Daniel DiMauro und Dylan Bank haben ein spannendes Porträt angefertigt, gegen das andere Protagonisten geklagt hätten - nicht so Roger Stone. Der gefällt sich in der Rolle des düsteren Choreografen und lässt sich von den Filmemachern gern dabei beobachten, wie er die Figuren auf dem Schachbrett bewegt, wie er seine Gegner nervös macht, wie er am Ende öfter obsiegt als verliert. Und wie er über den Zugang zu mächtigen Politikern an Einfluss und Reichtum gewinnt.
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Es heißt, dass Roger Stone ein Vorbild für den machtlüsternen Politiker Frank Underwood aus der Netflix-Serie House of Cards gewesen sei - das stimmt aber nicht: Gegen Stone ist Underwood ein Pimpf mit zu vielen Skrupeln. Das wird deutlich am Meisterstück des Washington-Machiavelli, der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten.
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"Ich weiß um den Wert von Falschinformationen"
Trump setzt auf die gleichen Parolen ("Make America Great Again", "Drain the Swamp"), die schon bei Reagan erfolgreich gewesen sind. Stone inszeniert Kampagnen gegen politische Gegner, die unterhalb der Gürtellinie, aber innerhalb der gesetzlichen Grenzen liegen. Er sagt Sachen wie: "Hass ist eine stärkere politische Motivation als Liebe." Oder: "Ich weiß um den Wert von Falschinformationen." Oder: "Steve Bannon ist ein Bombenleger, deshalb mag ich ihn so."
Die Stärke des Films liegt darin, dass er nicht belehrt, sondern einen Menschen nüchtern beschreibt, wie er ist: ein charismatischer Dandy im Maßanzug mit Nixon-Tattoo auf dem Rücken, der immer dann irgendwo in der Nähe rumsteht, wenn in den USA eine wichtige Wahl ansteht. In Deutschland ist Stone weitgehend unbekannt, das könnte sich jedoch bald ändern: Er gilt als eine der Schlüsselfiguren bei den Ermittlungen der Bundesbehörde FBI, ob und inwieweit ehemalige Mitarbeiter von Trump mit der russischen Regierung gekungelt haben.
Get me Roger Stone, auf Netflix.