Haben & Sein:Regionale Produkte

Lesezeit: 3 Min.

Der Ausverkauf bei Yeezy läuft. (Foto: Adidas)

Adidas verhökert seine Yeezy-Schuhe, KPM legt eine filigrane neue Tasse auf, Berlin kann Quantenkosmetik und in München kriegen Kinder was auf die Ohren. Stilnews made in Germany.

Von Anne Goebel, Tanja Rest, Max Scharnigg und Silke Wichert

Oh Ye

Ein T-Shirt mit der selten dümmlichen Aufschrift "White Lives Matter" kostete den Rapper/Gelegenheitsdesigner Kanye West alias Ye im Oktober vergangenen Jahres bekanntlich seinen lukrativen Vertrag mit Adidas. Was für den Sportartikelgiganten im Gegenzug bedeutete: Wohin nun mit dem riesigen (auch riesig erfolgreichen) Yeezy-Inventarium, bestehend aus Turnschuhen im Wert von 1,2 Milliarden Euro? Verbrennen wäre degoutant gewesen, einfach herschenken wollte man die Sachen auch nicht, doch mit dem Vermächtnis des geschassten Kanye noch dick Umsatz zu machen, hätte ebenfalls ungut ausgesehen. Salomonische Entscheidung des Konzerns: Die Sneakers gingen in den Sale, ein Teil des Erlöses kommt Organisationen zugute, die sich für die Opfer von Hate Speech engagieren. Dass die Erwägungen der Yeezy-Kundschaft nicht ganz so komplex sind, zeigt der Erlös aus der ersten Ausverkaufs-Aktion im Mai: Die Fangemeinde zahlte insgesamt 516 Millionen Euro, für rund vier Millionen Paar Yeezys, wie die Financial Times berichtete. Seit Anfang August läuft nun der zweite Sale, der Topseller Yeezy Boost 350 ist von 440 auf 139 Euro reduziert. ( adidas.de/yeezy)

Eine Tasse lernt fliegen

Luftiger Klassiker: die "Ringmoccatasse" von Marguerite Friedlaender. (Foto: KPM Berlin)

Abhebende Flugzeuge waren ja mal eine echte Attraktion, man bestaunte sie als Sonntagsbeschäftigung, am besten mit möglichst freiem Blick auf die Flieger. Für den neuen Leipziger Flughafen errichtete der Bauhaus-Architekt Hans Wittwer 1931 ein komplett verglastes Besucherlokal, ähnlich kühn sollte auch die Ausstattung für den Restaurantbetrieb aussehen. Dazu gehört die sogenannte Flugzeugtasse der Keramikkünstlerin Marguerite Friedlaender, die ebenfalls am Bauhaus lehrte und zu den innovativsten Gestalterinnen ihrer Zeit zählt.

Simple, aber geniale Idee: Das kleine henkellose Trinkgefäß bekommt eine Untertasse mit kreisrunder Aussparung, in der der Becher sicher steht. Das sieht sehr elegant aus, ist praktisch (kein Balancieren und Klirren) und wirkt außerdem, passend zum damaligen Geschehen auf dem Rollfeld, ein bisschen futuristisch. Der Entwurf der gebürtigen Französin wurde nie umgesetzt, 1933 musste sie zunächst in die Niederlande emigrieren und ging später in die USA, wo sie zu einer der einflussreichsten Kunsthandwerkerinnen wurde. Jetzt kommt die "Ringmoccatasse", so die Bezeichnung von Friedlaender, endlich auf den Markt. Die Berliner Porzellanmanufaktur KPM hat das Kleinod neu aufgelegt, auch bestens geeignet für Espresso ( kpm-berlin.com).

Walkman reloaded

Die Neuerfindung des Walkman für Kinder - so beschreibt Kekz seine Kopfhörer. (Foto: Kekz)

Keine Frage, die Toniebox hat in den vergangenen Jahren flächendeckend die Kinderzimmer erobert - Musik und Hörspiele, gespeichert in passenden Figuren, die auf einen Soundwürfel gestellt werden und schon geht das Programm los - genial einfach. Das Münchner StartUp "Kekz" dreht dieses Prinzip noch etwas weiter und hat kabellose Kinderkopfhörer entwickelt, die einen ziemlich ähnlichen Plug&Play-Ansatz haben. Sie beschallen dabei aber eben nicht den ganzen Raum (oder das Auto), sondern sind nur für die Kinderohren zu hören - ein nicht zu verachtender Vorteil im Sinne des Hausfriedens.

Auch auf Reisen oder bei konkurrierenden Geschwisterkindern haben die eigenen Kopfhörer zweifellos etwas für sich. Abgespielt werden die Inhalte über die Fahrchips-großen Kekz-Module, die einfach in den Kopfhörer eingeklinkt werden und die ähnlich wie die Tonie-Figuren zwischen zehn und zwanzig Euro kosten. Die maximal mögliche Lautstärke ist auf das kindliche Hörvermögen angepasst, Bedienung, Farben und Inhalte ebenso. Neuerdings gibt es auch einen "Wunderkekz", den die Eltern selbst mit Inhalten bespielen können. Nachteil: Die Bitte "Räum mal dein Zimmer auf!" hören sie damit wahrscheinlich noch schlechter.

Hoch, höher, Quantenkosmetik

Auch die Keramikdeckel sind ein anderes Level: Jeder wird dreimal gebrannt und ist jedes Mal ein bisschen anders. (Foto: Lacueor)

Diese "Beauty Routine", wie man heute sagt, klingt erst mal ein bisschen komplexer als andere. Zweimal Reinigung, (erst "Nektar", um SPF und Make-up zu entfernen, dann "Kokon"), zwei Seren ("Essenz" und "Elixier"), ein "Sorbet" als Pflege, dazu noch ein Gesichtsspray ("Tau"), eine Maske ("Staub") und eine Parfumessenz ("Juwel"). Auch der Name lacueor würde in der modernen Markenforschung wahrscheinlich durchfallen, weil nicht leicht genug zu merken, nicht plakativ genug. Und die Tiegel sind nicht reinweiß, sondern: tiefschwarz. Dafür hat hier alles seinen Grund. Il cuore ist das Herz, das auf weiblich getrimmt und mit "or" kombiniert (Gold ist in Sorbet und Elixier tatsächlich enthalten) macht lacueor.

Die Linie ist das zweite Baby von Judith Springer, die bereits mit Fine Cosmetic ( das Deo) erfolgreich ist, und in der Regel ziemlich genau weiß, was sie tut. Als die Berlinerin in der Schweiz gegründete Linie namens Namari entdeckte, war sie so beeindruckt, dass sie die Pflege übernahm, überarbeitete und Schritt für Schritt verbesserte. Alle Produkte werden nun in Deutschland hergestellt, sind wasserfrei, es gibt keine traditionellen Öl-in-Wasser-Emulsionen - sprich Cremes - um fast vollständig auf Konservierung verzichten zu können und maximale Wirkstoffkonzentration zu erreichen. Das erklärt auch die etwas komplexeren Preise: 30ml "Elixier" kosten stolze 160 Euro. Bei diesem Serum ist die Basis ein Kaktusfeigenkernöl, das zwischen 450 und 800 Euro pro Liter kostet. Außerdem enthält es acht verschiedene Gewürze und Kräuter, die über Wochen in Arganöl eingelegt werden. Die markanten Keramikdeckel fertigt eine anthroposophische Werkstatt für Menschen mit Behinderung in Berlin-Pankow - jeder ein Einzelstück. Man kann das, wie die Gründerin, "Quantenkosmetik auf einem höheren Level" nennen. Oder einfach Pflege, die irgendwie anders wirkt. Beispielsweise ist die Textur von "Sorbet" so fest wie ein Lippenbalsam, schmilzt aber auf der Haut wie: Fruchteis (Travel-Set mit allen Produkten 130 Euro, lacueor.com).

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