Soziales - Mainz:Betrieb der Behindertenwerkstätten soll auf den Prüfstand

Mainz (dpa) - Das Sozialgericht Mainz muss sich voraussichtlich Anfang nächsten Jahres mit einer Klage des Landes gegen alle 36 Behindertenwerkstätten befassen. Das Landesamt für Soziales will so erzwingen, dass es den wirtschaftlichen Betrieb der Einrichtungen überprüfen kann. Die Träger der Werkstätten lehnen dies ab, weil es keine rechtlich verbindliche Rahmenvereinbarung zu den Leistungen gibt. Zuvor hatte der SWR über den Rechtsstreit berichtet.

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Mainz (dpa) - Das Sozialgericht Mainz muss sich voraussichtlich Anfang nächsten Jahres mit einer Klage des Landes gegen alle 36 Behindertenwerkstätten befassen. Das Landesamt für Soziales will so erzwingen, dass es den wirtschaftlichen Betrieb der Einrichtungen überprüfen kann. Die Träger der Werkstätten lehnen dies ab, weil es keine rechtlich verbindliche Rahmenvereinbarung zu den Leistungen gibt. Zuvor hatte der SWR über den Rechtsstreit berichtet.

Das Landesamt für Soziales reichte Klagen vor den Sozialgerichten Mainz, Koblenz, Trier, Speyer und Darmstadt ein, wie eine Sprecherin am Dienstag mitteilte. Dies richtet sich nach dem Standort der Träger - Paritätischer Wohlfahrtsverband, Caritas und Diakonie (darunter die Nieder-Ramstädter Diakonie in Hessen) sowie Lebenshilfe und DRK. Es ist aber nach Angaben eines Gerichtssprechers wahrscheinlich, dass sich alle Beteiligten auf ein Musterverfahren am Sozialgericht Mainz verständigen werden, am Sitz der Landesregierung. Bis zur Entscheidung in diesem Fall würden die anderen Verfahren ruhen. Mit einer Verhandlung sei "frühestens zum Jahreswechsel, eher später zu rechnen", sagte der Gerichtssprecher.

Das Landesamt verlangt eine nicht anlassbezogene Prüfung der Wirtschaftlichkeit. Der Streit darüber reicht bereits länger zurück. Der Landesrechnungshof hat in seinem Jahresbericht 2015 beanstandet, dass der Personalschlüssel für die Behindertenwerkstätten umfangreicher ist als in anderen Bundesländern. Auch werde den behinderten Menschen für ihre Arbeit mit monatlich 218 Euro (2011) mehr Geld gezahlt als im Schnitt der anderen Bundesländer. In den Werkstätten arbeiten rund 15 000 Menschen mit Behinderungen.

Die Träger der Einrichtungen lehnen eine Prüfung ab, solange es keinen klaren rechtlichen Rahmen dafür gibt. Überfällig sei eine Rahmenvereinbarung mit den Trägern der Behindertenwerkstätten, in der die Leistungen klar geregelt seien, kritisierte der Landesgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Michael Hamm.

"Wir haben Verantwortung für diese Menschen", sagte Hamm der Deutschen Presse-Agentur. "Wir sind alle angetreten, um eine gute Betreuung und Begleitung sicherzustellen. Dafür brauchen wir eine bestimmte Grundstruktur." Dies komme in der Diskussion über den Rechtsstreit zu kurz.

"Wir begrüßen die bereits im April eingereichten Klagen, um Rechtssicherheit zu bekommen und sind der Meinung, dass wir den Streit auch gewinnen werden", sagte der Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, Marco Dobrani. Erst wenn Leistung, Qualität und Intensität der Betreuung vereinbart seien, könne auch überprüft werden, inwieweit diese Standards eingehalten würden. Eine anlassbezogene Prüfung sei auch im Bundesteilhabegesetz vorgesehen. "Eine nicht anlassbezogene Prüfung lehnen wir als unverhältnismäßig und als Eingriff in unsere Berufssouveränität ab."

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