Erfurt:Ehrenamtler in Flüchtlingshilfe unter Rechtfertigungsdruck

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Etwa vier Jahre nach der großen Zuwanderung von Flüchtlingen stehen neue Aufgaben im Fokus der vielen ehrenamtlich engagierten Menschen in Thüringen....

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Erfurt (dpa/th) - Etwa vier Jahre nach der großen Zuwanderung von Flüchtlingen stehen neue Aufgaben im Fokus der vielen ehrenamtlich engagierten Menschen in Thüringen. Mittlerweile unterstützten die Ehrenamtlichen Geflüchtete vor allem beim Behördengang oder bei der Suche nach einem Arbeitsplatz, sagte die Migrationsbeauftragte des Landes, Mirjam Kruppa, der Deutschen Presse-Agentur vor dem Internationalen Tag des Ehrenamts am Donnerstag.

Zum Höhepunkt der Krise waren es demnach noch die Hilfe in Kleiderkammern, die Organisation von Willkommensfesten oder Angebote für Deutschkurse. Kruppa zufolge sind auch frühere Ehrenamtliche wieder bereit, aktiv zu werden, sollte die Zahl der nach Thüringen und Deutschland kommenden Flüchtlinge wieder deutlich ansteigen.

Eine im Oktober veröffentlichte Befragung von ehrenamtlichen Flüchtlingshelfern stützt diese Aussage. Kruppa ist die Herausgeberin dieser nicht-repräsentativen Befragung mit 500 Teilnehmenden. Mehr als 90 Prozent der Befragten hätten angegeben, sich in einer Situation wie 2015/2016 wieder in der Flüchtlingshilfe einbringen zu wollen. Damals waren Tausende Menschen innerhalb kürzester Zeit als Flüchtlinge nach Thüringen gekommen.

Diejenigen, die sich für Geflüchtete engagiert haben oder noch immer engagieren, lassen sich nach Angaben von Kruppa kaum klassifizieren. „Das ist zum Beispiel die Kindergärtnerin, die zufällig neben der Gemeinschaftsunterkunft wohnt und deshalb den dort Lebenden helfen will“, sagte Kruppa. „Da sind viele Studenten oder Rentner.“ Tatsächlich seien viele der Ehrenamtler keine „typischen Linken oder Grünen“, sondern vor allem Menschen, die Kontakt zu Flüchtlingen hätten und deren Lebensumstände verbessern möchten.

Unterdessen stützt die Befragung der Ehrenamtler auch die Erfahrung Kruppas, dass viele von ihnen sich regelmäßig für ihren Einsatz für Menschen mit Migrationshintergrund rechtfertigen müssen. Gerade im Job würden sie von Kollegen - verbunden mit der Unterstellung, die Hilfe sei sinnlos - häufig gefragt „Warum machst Du das?“, sagte Kruppe. „Das macht ihnen zu schaffen.“ Auch Nachbarn seien oft kritisch, wenn es um die Hilfe der Ehrenamtler für Flüchtlinge gehe. Zustimmung erhielten sie dagegen von Freunden und Familie.

Kruppa forderte, die Arbeit von ehrenamtlichen Flüchtlingshelfern müsse gesellschaftlich noch mehr anerkannt und wertgeschätzt werden. Zudem bräuchten diese Menschen Möglichkeiten, sich auch untereinander besser zu vernetzen, um zu merken, dass sie mit ihren positiven und negativen Erfahrungen nicht alleine sind.

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