Familie:Aus und vorbei - Wenn Freundschaften auseinandergehen

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Berlin (dpa/tmn) - Ein Mann war schuld. Hannah* hatte sich bei einer Party zu lange mit ihm unterhalten. Eigentlich war er die Affäre ihrer Freundin. "Sie hat es immer heruntergespielt, gesagt, er sei ihr nicht wichtig", verteidigt sich Hannah. "Und ich wollte ja auch gar nichts von ihm."

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Berlin (dpa/tmn) - Ein Mann war schuld. Hannah* hatte sich bei einer Party zu lange mit ihm unterhalten. Eigentlich war er die Affäre ihrer Freundin. „Sie hat es immer heruntergespielt, gesagt, er sei ihr nicht wichtig“, verteidigt sich Hannah. „Und ich wollte ja auch gar nichts von ihm.“

Zu spät war es trotzdem. Der nette Typ schickte ihr Lieder, schrieb ihr Nachrichten - ihre Freundin platzte vor Eifersucht. Streit. Wenn Freundschaften auseinanderbrechen, ist das in der Regel eine schlimme Erfahrung. „Es ist ein großer Verlust“, sagt Diplom-Psychologin Heike Kaiser-Kehl vom Berufsverband Deutscher Psychologen. Doch wie passiert das überhaupt? Eine große Kränkung kann dafür eine Ursache sein. „Ob das Diebstahl ist oder die beste Freundin im Bett mit dem eigenen Ehemann - es gibt Dinge, die kann man einfach nicht verzeihen.“

Der Psychologe und Buchautor Wolfgang Krüger unterscheidet zwischen Herzensfreundschaften und Durchschnittsfreundschaften. Erstere sind besonders wichtig. „Bei so einer Freundschaft ist man bereit, viel zu investieren“, erklärt er. Durchschnittsfreundschaften sind viel oberflächlicher. Gibt es ein Problem, ist die Bereitschaft zur Aussprache geringer - schließlich ist der andere nicht so wichtig. Dazu zählen oft Schulfreundschaften.

Aber auch in Herzensfreundschaften kann man sich auseinanderleben. Das passiert oft, wenn sich das Leben eines Freundes ändert. Ob Kinder, neuer Job in einer anderen Stadt - „es gibt immer Situationen im Leben, in denen man andere Schwerpunkte setzt“, sagt Krüger. Auch Hannah glaubt, sie und ihre Freundin hätten sich auseinandergelebt. Sie haben sich im Studium kennengelernt, waren damals ein Herz und eine Seele. Als die Uni zu Ende ging, waren sie immer noch enge Freundinnen - zogen aber beide in unterschiedliche Städte. „Aber vielleicht war der heftige Streit um einen Typen nur möglich, weil es mittlerweile auch eine Distanz zwischen uns gab“, fragt sich Hannah.

Krüger warnt davor, am Ende einer Freundschaft verbrannte Erde zu hinterlassen. „Freunde fortbeleidigen, pompös Schluss machen, damit bin ich etwas vorsichtig“, sagt er. Man muss immer davon ausgehen, dass man möglicherweise selbst schuld ist oder man sich irgendwann noch einmal wiedertrifft. „Ich handele immer so, dass ich mir die Möglichkeit einräume, den anderen noch einmal im Leben treffen zu können.“ Dennoch ist es sinnvoll, das Gespräch zu suchen und Probleme anzusprechen.

Kaiser-Kehl findet es wichtig, dass der andere die Möglichkeit hat, seinen Eindruck zu schildern und den Vorwürfen etwas entgegnen kann. Vielleicht ist das Ergebnis dann eine Trennung auf Zeit - so lange, bis sich die Gemüter wieder beruhigt haben. Viele meiden jedoch diese Art der Konfrontation. „Langsam reduzieren, nicht mehr jede Nachricht beantworten, zu beschäftigt für ein Treffen“, beschreibt Kaiser-Kehl den langsamen Tod einer Freundschaft. Von dieser passiven Art rät sie allerdings ab.

Hannah hat sich zwar wieder mit ihrer Freundin vertragen - aber nur theoretisch. „Wir haben miteinander gesprochen“, erzählt sie. Doch so wie früher ist es nicht mehr, es fühlt sich anders an. „Manchmal muss man sich eingestehen, dass man vielleicht mit 80 Jahren nicht gemeinsam mit dem Rollator unterwegs ist.“

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