Sammlung Bührle:Verstrickt

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Der Ende letzten Jahres eröffnete Anbau des Zürcher Kunsthaus mit der Sammlung Bührle. (Foto: Christiane Oelrich/dpa)

Der Streit um die Sammlung Bührle im Zürcher Kunsthaus reißt nicht ab. Nun geht die Bürgermeisterin auf Distanz zur Museumsleitung.

Von Isabel Pfaff

In der Schweiz gilt sie inzwischen als fast schon legendär: die Pressekonferenz Mitte Dezember, mit der sich das Kunsthaus Zürich befreien wollte von all den Vorwürfen, Angriffen und Peinlichkeiten rund um die historisch belastete Kunstsammlung Emil Bührle. Rund 200 Werke aus dem früheren Besitz des Waffenhändlers hängen seit wenigen Monaten als Leihgabe von dessen Stiftung im Erweiterungsbau des Kunsthauses. Doch bislang konnten weder Kunsthaus noch Stiftung den Verdacht ausräumen, dass sich unter den Bildern NS-Raubkunst befindet.

Auch bei der Pressekonferenz gelang das nicht. Aus dem versuchten Befreiungsschlag wurde eine schwierige Rechtfertigungsveranstaltung. Mit dramatischen Folgen: Ende Dezember machte die in Basel geborene jüdische Künstlerin Miriam Cahn publik, dass sie ihre Bilder aus dem Kunsthaus abziehen wolle. Sie kritisierte Äußerungen des Bührle-Stiftungspräsidenten Alexander Jolles als antisemitisch und stellte in einem offenen Brief den Umgang mit Bührle, der unter anderem mit Waffenverkäufen an Nazideutschland reich geworden war, in Frage. "Kunst kaufen wäscht nicht weiss! Kunst sammeln macht nicht zum besseren Menschen." Nach Angaben des jüdischen Wochenmagazins Tachles verhandeln Cahns Galeristen bereits mit dem Kunsthaus über einen Rückkauf ihrer Werke.

Schon wird die vorzeitige Ablösung des Kunsthaus-Direktors diskutiert

Und das ist nicht die einzige Folge des misslungenen Medienevents. Noch-Kunsthaus-Direktor Christoph Becker hatte dort unter anderem gesagt, dass er sich mit mehreren Experten über den zu den Bührle-Werken gehörigen (und ebenfalls scharf kritisierten) Dokumentationsraum ausgetauscht habe - unter anderem mit Ronald Lauder, dem Präsidenten des Jüdischen Weltkongresses. Der ließ das jedoch an Neujahr in der NZZ am Sonntag dementieren: Er sei nicht vom Kunsthaus konsultiert worden und habe keine Aussage zum Dokumentationsraum gemacht. Das Kunsthaus räumt auf Anfrage der Zeitung ein, dass Lauder lediglich 2016 zu einem Vortrag in Zürich gewesen sei, bei dem man auch über die Sammlung Bührle diskutiert habe.

Nun geht Zürichs Bürgermeisterin oder, wie es in der Schweiz heißt, Stadtpräsidentin Corine Mauch auffällig auf Distanz zum Kunsthaus und dessen Direktor. In einem NZZ -Interview bringt sie Beckers vorzeitige Ablösung durch seine bereits designierte Nachfolgerin ins Spiel und drängt auf die Veröffentlichung des Leihvertrags zwischen Kunsthaus und Bührle-Stiftung. Das ist insofern bemerkenswert, als Mauch keine Unbeteiligte in der Causa Bührle ist. Sie ist als Stadtvertreterin einerseits wichtige Geldgeberin des Kunsthauses, andererseits sitzt Mauch auch im Vorstand der Kunstgesellschaft, dem Trägerverein des Kunsthauses. Eigene Fehler in der Causa Bührle thematisiert Mauch in dem Interview jedoch kaum.

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