Netzkolumne:Auf die Sprache folgt die Action

Lesezeit: 2 Min.

Soll den gesamten Alltag regeln: Der KI-Assistent Rabbit R1. (Foto: Rabbit)

KI-Begleiter wie der Rabbit R1 sollen in Zukunft das Leben noch bequemer machen.

Von Michael Moorstedt

Als vor einigen Wochen in Las Vegas die alljährlichen Consumer Electronics Show stattfand, konnte man sich kaum retten vor lauter neuen KI-Geräten. Eine bei Weitem nicht vollständige Liste von dort vorgestellten Gadgets beinhaltet etwa KI-betriebene Sexspielzeuge, KI-betriebene Autos und KI-betriebene Vogelhäuser.

Es ist sehr in Ordnung, wenn man durch diese Aufzählung nicht sofort in Begeisterung verfällt. Trotzdem gab es einen Stand, vor dem sich die Menschen drängten und nicht weichen wollten. Das Gerät des kalifornischen Start-ups Rabbit wirkt auf den ersten Blick wie eine Mischung aus Smartphone und Taschenfernseher und soll mal wieder nicht weniger erreichen, als unseren Umgang mit Technik zu revolutionieren. So "wegweisend wie das iPhone", sagte Microsoft-CEO Satya Nadella.

Das Rabbit R1 genannte Gerät könne "über eine einzige Schnittstelle Ihre Musik steuern, ein Auto bestellen, Lebensmittel einkaufen, Nachrichten versenden und vieles mehr". Large Action Model (LAM) nennt sich das der KI zugrundeliegende Konzept. Es geht also nicht nur wie bei bekannten KIs wie Chat-GPT lediglich um Sprache, sondern auch um Handlungen, die künftig automatisiert werden sollen. Die künstliche Intelligenz soll lernen, so zu handeln und zu klicken wie ihr Nutzer.

Technik spart Zeit, Mühe und mentale Kapazitäten, nur - wohin damit?

Dafür wurde das LAM von Menschen trainiert, die mit Apps wie Spotify und Uber interagierten und der KI auf diese Weise zeigten, wie sie funktionieren. Sie lernt, wie ein Einstellungssymbol aussieht, wie man weiß, wann eine Bestellung bestätigt wurde und wo sich die Suchmenüs befinden. All das, so Rabbit-Chef Jesse Lyu, kann auf jede beliebige App angewendet werden. Eine Maschine also, mit der man andere Maschinen benutzt. Das ist schon ziemlich viel Metaebene. Man wolle den einfachsten Computer aller Zeiten bauen, lautet das Verkaufsargument der Macher. "Etwas das so intuitiv ist, dass man nicht lernen muss, es zu benutzen", sagt Lyu. Ob das Unternehmen seine Versprechen halten kann, muss sich erst noch beweisen. Worüber es sich jetzt schon nachzudenken lohnt, ist aber, welche Vision vom Umgang mit Technik nicht nur hier, sondern in der gesamten KI-Blase vorherrscht.

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Technik spart Zeit, Mühe und mentale Kapazitäten, nur wofür man diese dann noch einsetzen soll, wenn das ganze Leben bereits automatisiert ist, das bleibt unklar. Die Beschleunigung der Menschheit, die man sich ja auf die Fahnen geschrieben hat, führt paradoxerweise in die Passivität. Auch das Wort "Intuition" wird in der Tech-Welt traditionell recht eindimensional verstanden. Dass es gar nicht unbedingt schlecht ist zu wissen, wie man Geräte benutzt und warum diese so funktionieren, wie sie es eben tun, taucht in den Verkaufsargumenten gar nicht mehr auf. Doch genau deshalb sind viele Menschen oft genug gar nicht in der Lage zu artikulieren, was sie eigentlich zu tun versuchen.

Companion heißt die KI, die in dem kleinen neuen Gadget wirkt. Die große Konkurrenz bei Microsoft hat das KI-Angebot Copilot genannt. Die Terminologie ist dabei programmatisch: Der Nutzer wird zum Passagier seines eigenen Lebens. Ein besseres Nutzererlebnis bedeutet automatisch mehr Komfort und sich weniger Gedanken machen zu müssen. Der maximale Komfort besteht in dieser Lesart darin, die Kontrolle vollständig abzugeben. Mittlerweile ist die fünfte Charge an Vorbestellungen ausverkauft, 50 000 Stück insgesamt. Die Early Adopter können es offenbar kaum erwarten.

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