Literatur - Bautzen:Domowina-Verlag: seit 60 Jahren poetische Heimat der Sorben

Bautzen (dpa) - Mit Übersetzungen aus dem Tschechischen, Polnischen oder Ungarischen ins Sorbische begann vor 60 Jahren die Geschichte des Bautzener Domowina-Verlags. "Doch schon bald erschienen bei uns die Werke sorbischer Autoren. Unter einem Dach sollte die Herausgabe aller sorbischsprachigen Publikationen zusammengefasst werden", sagt Maria Matschie, Geschäftsführerin des Domowina-Verlags in Bautzen. Das Jubiläum der Verlagsgründung wird am Sonnabend mit einem Tag der offenen Tür gefeiert.

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Bautzen (dpa) - Mit Übersetzungen aus dem Tschechischen, Polnischen oder Ungarischen ins Sorbische begann vor 60 Jahren die Geschichte des Bautzener Domowina-Verlags. "Doch schon bald erschienen bei uns die Werke sorbischer Autoren. Unter einem Dach sollte die Herausgabe aller sorbischsprachigen Publikationen zusammengefasst werden", sagt Maria Matschie, Geschäftsführerin des Domowina-Verlags in Bautzen. Das Jubiläum der Verlagsgründung wird am Sonnabend mit einem Tag der offenen Tür gefeiert.

Von Anfang an erhält der Domowina-Verlag seinen Sitz in der Tuchmacherstraße in Bautzen, in dessen Erdgeschoss heute die Smoler’sche Verlagsbuchhandlung das komplette Repertoire des einzigen sorbisch-sprachigen Verlags in Deutschland verkauft. "Es ist gut, dass wir Sorben in einem eigenen Verlag Bücher herausbringen können. Da haben es andere Minderheiten viel schwerer", sagt Matschie. Die 63-Jährige leitet seit 15 Jahren den Verlag, vor 40 Jahren hat sie bei ihm als Redakteurin der sorbischen Kinderzeitschrift "Płomjo" begonnen.

Die Publikationen für Kinder liegen den Buchmachern aus Bautzen besonders am Herzen. "Kinderbücher führen die Kleinsten an unsere Sprache heran", sagt die Verlegerin. Doch gerade die Vielzahl ganz unterschiedlicher Veröffentlichungen auf Obersorbisch, Niedersorbisch und teilweise auch auf Deutsch macht den Domowina-Verlag so besonders. In den Regalen liegen im Buchlager neben Pappbüchern für die Kleinsten Romane der großen sorbischen Autoren, wie Jurij Brězan, Jurij Koch und Kito Lorenc, wissenschaftliche Abhandlungen über die sorbische Sprache, Literatur, Geschichte und Volkskunde genauso wie grammatikalische Besonderheiten.

Lyrik trifft auf Prosa. Neben den Kalendern gibt es Bücher über das Osterreiten - und auch die Bibel auf Sorbisch. Dazu kommen Schulstoff und Nachschlagewerke. In der Reihe "Die sorbische Bibliothek" finden Leser eine Auswahl sorbischer Literatur in deutscher Sprache. Neben den Büchern erscheinen außerdem im Domowina-Verlag die Abendzeitung "Serbske Noweny" auf Obersorbisch, die niedersorbische Wochenzeitung "Nowy Casnik" und die Zeitschriften Rozhlad und Lětopis. Finanziert wird der Verlag aus dem Etat der Stiftung für das sorbische Volk. 47 Mitarbeiter kümmern sich um die jährlichen Neuerscheinungen.

Etwa 70 Bücher wandern so pro Jahr in die Buchhandlungen in ganz Deutschland. "Manche verschicken wir nach Übersee oder Japan", sagt Vertriebschefin Manja Bujnowska. Der Longseller des Hauses ist das Buch "Sagen der Lausitz". Es ist gerade in der 16. Auflage erschienen - und "Die schwarze Mühle" von Jurij Brězan haben schon Generationen von Jugendlichen gelesen. Nach offiziellen Schätzungen bilden etwa 60 000 Menschen heute das sorbische Volk in der sächsischen Oberlausitz und die brandenburgischen Niederlausitz.

Die Anfänge des sorbischen Schrifttums gehen auf das Jahr 1532 zurück. Damals wurde der Bautzener Bürgereid auf Wendisch gedruckt, damit Neubürger dieses Bekenntnis zur Stadt in ihrer Muttersprache ablegen konnten. Nur wenige Jahre später übersetzte Mikławš Jakubica 1548 das Neue Testament handschriftlich ins Niedersorbische. Als erstes gedrucktes Buch in niedersorbischer Sprache erschien 1574 Albin Mollers Gesangbuch mit Kleinem Katechismus, 1595 folgte die obersorbische Übersetzung von Luthers Kleinem Katechismus.

Neben den religiösen Themen kamen bald Bücher für Grammatik dazu. Eine eigenständige sorbische Literatur entwickelt sich erst im 19. Jahrhundert. Besonders Handrij Zejler (1804-1872) schuf in dieser Zeit unzählige Gedichte, Fabeln und Erzählungen. Auch sein Werk ist bis heute im Domowina-Verlag erhältlich. Doch für die Verleger aus der Tuchmacherstraße richtet sich der Blick vor allem nach vorn. "Der Anteil der digitalen Produkte wird zunehmen, auch auf der Suche nach neuen Autoren sind wir immer", sagt Matschie. Schließlich soll der Domowina-Verlag poetische Heimat der kleinsten slawischen Minderheit bleiben.

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