Von Beruf her ist Liam Wong Videospieldesigner. Das macht ihn als Fotografen so einzigartig, weil sein Blick nicht an der Kunstgeschichte oder den Meisterwerken der Fotografie geschult wurde, sondern an den virtuellen Landschaften, die er sich als Artdirektor für Computergames wie "Crysis" und "Far Cry" ausgedacht hat.
Auf einer Reise nach Tokio fiel ihm dann eines Nachts auf, dass die asiatischen Megastädte genauso aussehen, wie die urbanen Landschaften in Computerspielen. Was auch damit zu tun hat, dass für Wong die Wurzeln seiner Bildsprache wie für die meisten Game-Designer in der Cyberpunk-Ästhetik des Filmes "Blade Runner" liegen. Dessen Regisseur Ridley Scott wiederum stellte sich die Zukunft so vor wie Tokio bei Nacht, wenn sich die Neonlichter und Autoscheinwerfer im regennassen Asphalt spiegeln. Das ist oft schon zum Cyberkitsch erstarrt.
In den Aufnahmen von Wong mit den Blickwinkeln, Bildausschnitten und Motiven, die so deutlich von Gamewelten geprägt sind, bekommt das aber nochmal eine neue Qualität. Nach seinem ersten Fotoband "TO:KY:OO" hat Wong seinen Blick für sein neues Buch "After Dark" auf Städte wie Kyoto, Osaka, Seoul und Chongquing erweitert. Auch wenn Tokio sein Traumziel bleibt, wie oben auf dem Bild der Taxis im Stadtteil Shinjuku. Denn die Großstadt, das hat der Philosoph Christoph Quarch mal formuliert, ist für die Menschen der Gegenwart das, was der Wald für die Romantiker war. Ein Ort, an dem sie sich verlieren und dann wieder finden können.