Gaddafi-Hit im Internet:Elektropop für den Diktator

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"DJ Gaddafi" gibt alles: Ein Israeli verhöhnt den Revolutionsführer und schreibt der libyschen Opposition eine Internethymne. In der arabischen Welt wird er dafür beschimpft.

Peter Münch

Er schüttelt die Faust und reißt die Arme hoch, der Blick ist wirr, und wie in Trance treibt sein Sprechgesang den Rhythmus an - "DJ Gaddafi" gibt noch einmal alles. Seine jüngste Wut- und Hassrede, vom libyschen Staatsfernsehen als längliche Tirade des Revolutionsführers gegen "Ratten" und Regimegegner gesendet, ist auf YouTube zu einem Renner geworden - zusammengeschnurrt auf zwei Minuten und unterlegt mit mitreißendem Elektropop. "Gaddafis Rede hat alles, was ein Hit braucht", sagt Noy Alooshe, der Macher des Videos.

Vom libyschen Staatsfernsehen wurde vor einer Woche eine längliche Tirade des Revolutionsführers gegen "Ratten" und Regimegegner gesendet, der Israeli Noy Alooshe bastelte aus der Rede einen Renner auf Youtube. (Foto: Reuters)

Für die Libyer war es gewiss nicht witzig, als ihr Staatschef ihnen vorige Woche vor den Ruinen seiner 1986 von US-Kampfjets zerbombten Residenz mit einem "Gemetzel" drohte. Mit viel Gebrüll und gehüllt in einen wüstenbraunen Umhang samt Kopfschmuck rief er seine verbliebenen Anhänger zum Gefecht und kündigte an, er werde "Libyen nie verlassen". Doch manchmal kommt Hochmut vor dem Fall - und manchmal auch der Spott. Dem ist Muammar al-Gaddafi nun reichlich ausgesetzt in diesem Clip, der schon mehr als eine Million Mal angeklickt wurde. In Libyen selbst soll er zur Hymne der Opposition geworden sein - und darüber wundert sich nicht zuletzt Noy Alooshe, denn er ist Israeli.

Der Musiker aus Tel Aviv hatte sich unmittelbar nach Gaddafis Rede an seinen Computer gesetzt und die Worte des Revolutionsführers mit einem Lied des US-Rappers Pitbull zusammengemischt. "Ich dachte, es wäre ein Spaß", sagte er der israelischen Zeitung Jedioth Achronoth. Im Zentrum des Musikvideos steht Gaddafis Ausruf, er werde das Land "Zoll für Zoll, Haus für Haus, Straße für Straße" säubern. Angelehnt an "zanqa", das arabische Wort für Straße, gab Alooshe dem Song den Namen Zenga Zenga.

Nun berichtet er von begeisterten Reaktionen aus der arabischen Welt. "Wenn Gaddafi gestürzt wird, tanzen wir auf der Straße zu Zenga Zenga", habe ihm ein Libyer geschrieben, sagte er der Zeitung. Über das Internet war es jedoch auch nicht schwer herauszufinden, dass dieses Video made in Tel Aviv ist, gemixt von einem Juden mit tunesischen Wurzeln, der in einer Band namens Hovevey Zion, die Liebhaber Zions, spielt.

Neben Lobeshymnen erreichen Alooshi deshalb mittlerweile auch Beschimpfungen, und manche wollen in dem Video einen weiteren Beweis sehen, dass hinter allem wieder einmal eine israelische Konspiration stecke. Ein Ägypter immerhin habe geschrieben: "Weil du ein Israeli bist, hasse ich dich, aber du hast einen tollen Remix gemacht."

Anstoß haben manche der arabischen Fans allerdings an einer spärlich bekleideten Blondine genommen, die sich zu Gaddafis Text im Rhythmus räkelt und wahrscheinlich keine Krankenschwester ist. Deshalb gibt es nun auch eine sittenstrenge Version von Zenga Zenga ohne Tänzerin. Die laszive Dame könnte aber vielleicht noch Verwendung finden in einem neuen Projekt, dass Alooshe vorschwebt: ein Berlusconi-Mix mit dem Titel Bunga Bunga.

© SZ vom 01.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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