Weitere Briefe:Integrations-Willkür und ein frecher Minister

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SZ-Leserinnen und -Leser sind unzufrieden mit Holetscheks Schuldzuweisungen an den Bund, mit der zweiten S-Bahn-Stammstrecke und mit der Behandlung Geflüchteter.

Frechheiten vom Minister

"Im Moment hat es jeder selbst in der Hand" vom 14. Oktober:

Von den Aussagen des bayerischen Gesundheitsministers Klaus Holetschek im Interview im Bayernteil der SZ lassen sich einige nur als bodenlose Frechheit bezeichnen. Personalnot in den Kliniken? "Berlin ist schuld" - als ob die CSU an den vier Bundesregierungen unter Kanzlerin Angela Merkel nicht beteiligt gewesen wäre.

Es gab keine Rechtsgrundlage, das Oktoberfest abzusagen? "Berlin ist schuld" - und die Vertreter Bayerns haben in den entscheidenden Sitzungen der Ministerpräsidentenkonferenz und des Bundesrats offenbar geschlafen. Außerdem nützt der Verweis auf die "Eigenverantwortung" beispielsweise Angestellten, die sich selbst bestmöglich schützen wollen, aber von ihrem Arbeitgeber dazu verpflichtet werden, sich gemeinsam mit Wiesngängern in ein und demselben Büroraum aufzuhalten, herzlich wenig.

Angesichts dessen frage ich mich schon: Für wie dumm halten manche CSU-Größen ihr "Wahlvolk" eigentlich?

Andreas Knoll, Poing

Integration und CSU-Willkür

"Den Menschen nicht mehr vermittelbar" vom 19. Oktober:

Der Präsident des Bayerischen Landkreistags (und Landrat von Fürstenfeldbruck; d. Red.), Thomas Karmasin, schlägt in die gleiche Kerbe wie sein christlich-sozialer Parteikollege Joachim Herrmann. Die Schuld der Überforderung der Gemeinden bei der Unterbringung und Versorgung Geflüchteter wird bei der Bundesregierung gesucht. Fehler im eigenen Bundesland bleiben unbeachtet. Beide Politiker sprechen sich gegen die Aufnahme von monatlich 1000 Menschen aus Afghanistan aus - Ortskräfte und Menschenrechtsaktivisten! Der Unterschied zu den "beruflich relativ leicht integrierbaren Ukrainern" wird wieder einmal hervorgehoben, obwohl beide Gruppen vor einem Krieg geflohen sind und beide unsere Schrift und Sprache lernen müssen. Dass viele, zum Beispiel afghanische Geflüchtete lange gebraucht haben, sich beruflich zu integrieren, bestreite ich gar nicht. Warum war das so? Arbeitsgestattungen wurden erst nach vielen Anläufen erteilt, wenn überhaupt, und später teilweise willkürlich wieder entzogen. Diese Geflüchteten könnten schon längst beruflich und privat integriert sein.

Erst seit Herbst vergangenen Jahres konnten vermehrt afghanische Geflüchtete eine Arbeit aufnehmen. Dennoch teilt ein mir bekannter enttäuschter Afghane die Meinung von Herrmann und Karmasin: Seine Landsleute sollten lieber nicht nach Deutschland geholt werden. Sie würden zwar in Sicherheit leben können, aber eine Zukunft hätten sie hier nicht. Ziel erreicht.

Jutta Baierwaldes, Schönau

Ringtrasse statt Stammstrecke

"Söder war frühzeitig gewarnt" vom 11. Oktober:

Die Fertigstellung der zweiten S-Bahn-Stammstrecke verzögert sich bis vermutlich 2037, die Kosten werden inzwischen auf circa 7,2 bis 7,8 Milliarden Euro veranschlagt. Über eine Kostenexplosion und Bauzeitverlängerung wurde Minister Markus Söder schon Ende Juli 2020 von der damaligen Verkehrsministerin Kerstin Schreyer informiert. Diese Information wurden offensichtlich nicht weiterverfolgt und weitergegeben. Dennoch befürworten der Ministerpräsident und der jetzige Verkehrsminister Christian Bernreiter einen Weiterbau der zweiten Stammstrecke. Ist das verantwortungsvoller Umgang mit dem Steuergeld der bayerischen und Münchner Bürgerinnen und Bürger?

Nicht erkennbar ist außerdem, ob die zweite Stammstrecke wirklich der Verkehrssituation nützt. Notwendig ist die Sanierung von Schulen und Kitas und die Beseitigung des Lehrerinnen- und Lehrermangels an Schulen. Es fehlt auch an Pflegepersonal in Krankenhäusern und Altenheimen sowie an Busfahrern und Busfahrerinnen, und an der Infrastruktur. Sind das nicht wichtigere Aufgaben für München und Bayern?

Ist eine Zustimmung des Landtags unter diesen Voraussetzungen gerechtfertigt? Der alternative Vorschlag, eine Ringtrasse um München zu legen, ist sicher billiger, schneller zu bauen und sogar nützlicher. Hoffentlich wird der Landtag das Desaster beenden!

Margrit List, München

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