Mehrwertsteuer:Gastronomische Schweinsbraten-Arithmetik

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Was darf ein Schweinsbraten kosten? Eine durchaus steuerpolitische Frage. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Wirte sagen, sie seien unter Druck. Deren Kunden können die Preisgestaltung angesichts staatlicher Hilfen nicht nachvollziehen.

"Wo in Münchens Gastronomie die Preise nun steigen - und wo nicht" vom 2. Januar, "Kampf um humane Preise für den Schweinsbraten" vom 15. Januar und "Teures Vergnügen" vom 12. Januar:

Überschaubare Belastung

Ich bin doch etwas verwirrt über die Begründungen der Wirte beziehungsweise deren Lobbyisten über die Auswirkungen der Erhöhung der Mehrwertsteuer von 7 auf 19 Prozent. In den Anleitungen zur Kalkulation für Speisen und Getränke, herausgegeben durch die Verbände des Gastrobereiches, und von vielen Anbietern von Kalkulationsprogrammen und in deren empfohlenen Apps wird aufgezeigt, wie ein Gastronom seine Kalkulation in Bezug auf die Verkaufspreise durchführen soll. Alle diese Empfehlungen zur Kalkulation eines Artikels haben im Wesentlichen einen Grundsatz: Grundpreis gleich Einkaufspreis, plus 40 Prozent für Lagerung, plus 30 Prozent Gemeinkosten und Eigenkosten, plus 20 bis 40 Prozent kalkulierter Profit ergibt den Preis auf der Speisekarte.

Nach dieser Vorgehensweise betragen die Kosten für den Einkauf der Lebensmittel circa 50 Prozent der Kalkulation. Bei der nun auf den Gastwirt zukommenden Erhöhung von 12 Prozent Mehrwertsteuer käme nach den empfohlenen Kalkulationen ein Preiszuschlag bei Speisen in der Gastwirtschaft von circa 6 Prozent.

Da nun auch alle Ausgaben zur Betriebsführung steuerlich geltend gemacht werden können, halten sich die Belastungen für die Gastwirtschaften in meiner Wahrnehmung in überschaubaren Grenzen.

Walter Rößeler, München

Falsch abgerechnet

In "Kampf um humane Preise für den Schweinsbraten" wird angegeben, dass nur die Erhöhung der Steuer von 7 Prozent auf 19 Prozent an den Kunden weitergegeben wird, am Beispiel Schweinebraten von ehemals 13,40 Euro auf 15,40 Euro. Nach heftigem Rechnen komme ich zur These, dass dem alten Bruttopreis von 13,40 (107 Prozent) ein Nettopreis für den Wirt in Höhe von 12,52 Euro (100 Prozent) zugrunde gelegen haben muss. Erhöht man diesen nun auf den neuen Steuersatz, so erhält man einen theoretischen Bruttopreis (119 Prozent) von 14,90 Euro. Kosten tut das Schnitzel aber jetzt 15,40 Euro. Wo liegt der Fehler ...?

Ulli Ströhlein, Deisenhofen

Die Pachten sind das Problem

Eine Forderung der Beibehaltung der abgesenkten Mehrwertsteuer kann ich nicht nachvollziehen, da sie Teil einer ganz normalen Kalkulation ist. Wer bereit ist die zum Teil völlig überhöhten Pachten zu zahlen, sollte diese nicht durch Mehrwertsteuergeschenke gegenrechnen. Diese Pachten sind das Problem, nicht die Mehrwertsteuer.

Heinrich Buddenberg, München

Nicht beim Kunden angekommen

Beim Dehoga-Gastgebertag am 26. Juli 2021 in Bamberg verriet der damalige parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Bareiß (CDU), Deutschland habe mehr Corona-Hilfen bereitgestellt als die 26 anderen EU-Länder zusammen; mehr als die Hälfte davon sei in die Gastronomie geflossen. Im zeitlichen Zusammenhang mit der Mehrwertsteuerabsenkung am 1. Juli 2020 haben trotzdem viele Wirte die Preise erhöht, haben quasi bei der Mehrwertsteuerabsenkung das Vorzeichen verwechselt.

Die Pandemie ist seit einem Jahr vorbei, trotzdem wurden die Wirte weiterhin hoch subventioniert, konnten viel Geld zur Seite legen. Logisch wäre es, wenn die Wirte jetzt, wenn die ursprüngliche Mehrwertsteuer wieder greift, wieder die ursprünglichen niedrigen Preise von vor dem 1. Juli 2020 in ihre Speisekarten schrieben.

Im Übrigen war die zeitweise Mehrwertsteuerabsenkung auf 7 Prozent teilweise ungerecht; so wurde in der Gastronomie das Luxusgut Hummer nur mit 7 Prozent versteuert, der im Laden dagegen mit 19 Prozent. Wenn die Absenkung weitergegeben wurde, erhielten besonders die Wohlhabenden einen Anreiz, vermehrt im Wirtshaus zu speisen.

Wolfgang Maucksch, Herrieden

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