Bachelor für Klimaschützer:Alles im grünen Bereich

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Immer wieder werden neue grüne Programme aufgelegt. Interessenten sollten prüfen, ob Nachhaltigkeit dabei tatsächlich im Vordergrund steht. (Foto: Mauritius Images)

Das Angebot von Studiengängen zur Nachhaltigkeit ist vielfältig. Drei Studierende, die ihre Wahl getroffen haben, beschreiben, was das Besondere an ihrem Programm ist.

Von Kirsten Jöhlinger

Von klimagerechter Ernährung bis hin zu fairer Kleidung - Nachhaltigkeit ist Thema in immer mehr Lebensbereichen. Zugleich wächst das Interesse von Abiturientinnen und Abiturienten an Studienfächern, die Klimaschutz-Themen integrieren. Das spiegelt das wachsende Angebot von Studiengängen wider. Der Hochschulkompass listet beim Schlagwort "nachhaltig" knapp 140 Bachelorstudiengänge auf. Fast genauso groß ist die Anzahl der Masterstudiengänge. Aber nicht jedes dieser Programme fokussiert auf Nachhaltigkeit oder soziale Verantwortung. Deshalb muss man die Studiengangsbeschreibung genau durchlesen und sich frühzeitig bei der jeweiligen Hochschule erkundigen.

Und immer wieder kommen neue Angebote hinzu: So bietet etwa die Technische Universität Clausthal neuerdings den Bachelor "Nachhaltige Rohstoffgewinnung und Recycling" an, in Hannover lassen sich an der Leibniz-Universität jetzt auch "Nachhaltige Ingenieurwissenschaften" studieren. Auch einige duale Studiengänge setzen den Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit. Es ist nicht einfach, in diesem Dschungel der grünen Studiengänge das passende Programm zu finden: Zwei Studentinnen und ein Student, denen das gelungen ist, beschreiben, warum sie sich für ihren Studiengang entschieden haben und was ihn aus ihrer Sicht besonders macht.

Konsumentenforschung als Spezialgebiet

Fabienne Littwin, 29, kommt ins dritte Semester im Master "Angewandte Nachhaltigkeit" an der Hochschule Bochum - Bochum University of Applied Sciences:

"Als ich meine Ausbildung im Groß- und Außenhandel anfing, hätte ich nicht gedacht, dass ich irgendwann einmal den Master ,Angewandte Nachhaltigkeit' studieren würde. Nach meiner Ausbildung arbeitete ich für ein großes Kosmetikunternehmen und habe außerdem einen Bachelor in BWL gemacht. Als ich wegen eines Auslandssemesters in Dublin eine Pause von der Arbeit hatte, merkte ich, dass ich eine Arbeit machen möchte, die mehr mit Nachhaltigkeit zu tun hat. Ich bin dann zu einem Naturkosmetik-Start-up gewechselt. Dort ging es um einzelne Produkte. Ich wollte aber wissen, wie sich Umweltfreundlichkeit und soziale Nachhaltigkeit für ein ganzes Unternehmen und vielleicht sogar im ganzen Wirtschaftssystem umsetzen lassen - und habe dazu nach Studiengängen recherchiert.

Fabienne Littwin hilft an ihrer Hochschule dabei, eine studentische Nachhaltigkeitsberatung aufzubauen. (Foto: Jens Grünheidt)

Bereits im Laufe des zweiten Semesters hatte ich das Gefühl, schon viel länger zu studieren, weil ich so viel gelernt habe. In den Grundlagenfächern beschäftige ich mich mit verschiedenen Ansätzen der Nachhaltigkeitswissenschaften und in dem Fach Life Cycle Management lerne ich, mithilfe einer Software zu analysieren, welchen Einfluss die verschiedenen Herstellungsschritte eines Produktes, etwa eines T-Shirts, auf die Umwelt haben. Am Ende kann ich dann sagen, in welchem Schritt eine Veränderung den größten Einfluss hätte.

In den Vertiefungsfächern habe ich mich auf Mediation und Zertifizierung spezialisiert und gelernt, wie ich Konflikte schlichten kann, die oft mit dem Wandel zu mehr Nachhaltigkeit einhergehen. Und ich weiß jetzt auch, welche Auskunftspflichten es für Unternehmen gibt.

Ich interessiere mich besonders für Konsumentenforschung und Marketing. Im Studium habe ich Fleischkonsum aus Genderperspektive untersucht. Da kam heraus, dass Männer, die sich sehr männlich fühlen, am häufigsten Fleisch essen. Wenn man das weiß, kann man sich besser überlegen, wie man diese Zielgruppe am geschicktesten anspricht, um sie zu nachhaltigerem Konsum zu bewegen.

In meinem Nebenjob an der Fachhochschule Dortmund baue ich eine studentische Nachhaltigkeitsberatung mit auf. Nach meinem Studium würde ich mich gern weiter mit Konsumentenforschung beschäftigen oder einem Unternehmen dabei helfen, nachhaltiger zu werden."

Für eine Umweltorganisation zu arbeiten, ist das Berufsziel

Mahmud Assaf, 21, hat das fünfte Semester des Bachelorstudiums "Umweltnaturwissenschaften" an der Technischen Universität Braunschweig vollendet:

"Mein Interesse für Umweltthemen hat mit Dokumentarfilmen zum Korallensterben und dem Loch in der Ozonschicht angefangen. Mir ist aufgefallen, wie hübsch und komplex Landschaften sind, und ich habe mich bei den Experten im Film immer gefragt: Wie wissen die, wie sich Tiere und Pflanzen verhalten? Die Antworten dazu bekomme ich jetzt.

Im Studium lerne ich die verschiedenen Umweltbereiche kennen, zum Beispiel die Hydrosphäre und die Atmosphäre, und ich lerne, wie diese Systeme zusammenhängen. Wir haben etwa die Frage behandelt, was passiert, wenn ein Bauer Dünger auf dem Acker verteilt und es anfängt, stark zu regnen. Mit mathematischen Formeln kann ich nun berechnen, wie schnell der Dünger dann vom Boden aufgenommen wird. Mir hat auch die Vorlesung "Modellierung von Umweltsystemen" viel Spaß gemacht. Da haben wir uns angeschaut, wie man berechnen kann, wie sich bestimmte Arten ausbreiten werden und dabei auch Parallelen zum Coronavirus gezogen.

Wie bestimmte Pflanzen und Tiere auf verschiedene Umweltfaktoren reagieren, erforscht Mahmud Assaf. (Foto: privat)

In den Grundlagenfächern wird man hart getestet. Mir fielen Mathe und Chemie relativ leicht, aber Kommilitonen, die nach der Schule ein Jahr etwas anderes gemacht hatten, mussten da teilweise kämpfen. Ich habe vorher ein Jahr Umweltingenieurwesen studiert, aber das war nicht nah genug an den Themen, die mich wirklich interessieren. Jetzt bin ich voll motiviert. Die Professoren sind das aber auch. Eigentlich beinhaltet das Studium einen großen Praxisanteil. Da wir wegen Corona aber nicht selbst ins Labor konnten, hat uns ein Professor mit einem Livestream dahin mitgenommen.

Später würde ich gern promovieren und mein Traum ist es, danach als Projektleiter bei einer internationalen Umweltorganisation zu arbeiten."

Das Ökosystem Wald aus internationaler Perspektive

Sophia Ullrich, 23, hat den Bachelor "International Forest Ecosystem Management" an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde gewählt und kommt ins vierte Semester:

"Wenn man International Forest Ecosystem Management studieren will, sollte es beim Gedanken an praktische Arbeit in den Fingern jucken. Und natürlich muss man Wälder lieben. In diesem Studium lernt man das Ökosystem Wald kennen und man befasst sich damit, wie sich ein Forst nachhaltig bewirtschaften lässt. Ich bin im Schwarzwald aufgewachsen und war schon immer gern im Wald. Auch in meinem Studium bin ich viel draußen. Im Fach Insektenkunde haben wir zum Beispiel Insektenfallen aufgestellt und dann anhand von Flügeln und Fühlern versucht herauszufinden, was das für Insekten sind und ob sie für den Wald nützlich oder schädlich sind.

Ich habe auch Fächer wie Botanik und Bodenkunde und ich lerne, wie man Gutachten schreibt. Vom ersten Semester an kann man Wahlfächer belegen. Mich interessieren vor allem die sozioökonomischen Fächer und die Module, die mit Kommunikation zu tun haben. Zum Beispiel lerne ich Beratungsmethoden kennen. Wer in die Forstwirtschaft gehen möchte, kann aber auch den Jagdschein machen und Erfahrung in der Arbeit mit Pferden im Wald sammeln.

Den Wald liebte Sophia Ullrich schon als Kind. Jetzt studiert sie, wie man einen Forst nachhaltig bewirtschaftet. (Foto: privat)

Etwa vierzig Prozent des Studiums sind auf Englisch, und im fünften Semester macht man ein Auslandspraktikum. Im Studium kann man auch Sprachkurse belegen. Die internationale Ausrichtung war einer der Gründe, weshalb ich mich für dieses Studium entschieden habe. Ein anderer war die ganzheitliche Ausrichtung: die sozialen Aspekte von Nachhaltigkeit werden immer mitgedacht. Wir beschäftigen uns etwa damit, welche Menschen überhaupt von welchem Waldökosystem abhängig sind.

Für mein Studium braucht man allerdings auch Frustrationstoleranz. Denn auf zahlreiche Fragen gibt es keine klaren Antworten. Zum Beispiel ist Windenergie nicht immer die richtige Lösung: Man kann ja keine Windkraftwerke in den Wald bauen. Ich muss dann manchmal aufpassen, nicht in einen Weltuntergangsmodus zu rutschen.

Mich motiviert aber, wie Nachhaltigkeit auf dem Campus gelebt wird. Es gibt zum Beispiel einen Foodsharing-Kühlschrank, und die anderen Studierenden nehmen das Thema Nachhaltigkeit auch in ihrem eigenen Leben ernst.

Die Inhalte meines Studiums kann ich auch im täglichen Leben anwenden. Seit ich im ersten Semester Holzartenbestimmung gelernt habe, erkenne ich in einem Stück Holz viel mehr. Meine eigenen Möbel aus Holz habe ich mir übrigens schon vor meinem Studium gebaut."

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