Bundesweiter Bildungsstreik:"Für die Bildung habt ihr nix"

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Studiengebühren, überlaufene Hörsäle und Turbo-Abschlüsse - die Studenten-Proteste erreichen ihren Höhepunkt. Zeitgleich beharrt Bildungsministerin Schavan darauf, die Investitionen seien hoch wie nie.

Der Widerstand der Studenten gegen Missstände im Bildungswesen erreicht heute seinen Höhepunkt. Mit Demonstrationen und Blockadeaktionen an Universitäten in mindestens 35 deutschen Städten wollen sich Zehntausende Studierende für bessere Studienbedingungen starkmachen.

Mit bundesweiten Demonstrationen und Blockadeaktionen wollen sich heute Zehntausende Studierende für bessere Studienbedingungen starkmachen. (Foto: Foto: dpa)

Allein in Berlin und Köln werden jeweils 5000 Demonstranten erwartet. In Freiburg, Stuttgart und Tübingen besetzten Studenten in der Nacht Hörsäle. In München versammelten sich Hunderte Studenten und Schüler vor dem Hauptgebäude der Ludwig-Maximilians-Universität. Die Demonstranten entrollten Transparente, auf denen sie etwa beklagten "Für die Rüstung seid ihr fit, für die Bildung habt ihr nix" oder "Bildung ist unbezahlbar".

Berechtigte Klagen

Seit Tagen protestieren die Hochschüler gegen überlastete Studiengänge, soziale Ungleichheiten im Bildungssystem, die chronische Unterfinanzierung der Unis sowie Mängel bei der Umstellung auf Bachelor- und Master-Abschlüsse.

Unterstützung für die Studenten kommt aus den Hochschulen, der Wirtschaft und der Politik. Der Präsident des Hochschulverbandes, Bernhard Kempen, ermutigte die Studenten in ihrer Kritik an den Bachelor- und Masterstudiengängen. Die Klage über Stofffülle, Prüfungsdichte und das jetzige Akkreditierungssystem sei berechtigt, sagte Kempen der Südwest Presse. Auch Jörg Steinbach, der Vizepräsident der Technischen Universität Berlin, an der Studierende seit Mitte vergangener Woche den Audimax-Hörsaal besetzt halten, äußerte sich solidarisch zu den Protestlern: "Was die Studierenden fordern, ist größtenteils in Ordnung." Die Besetzungen richteten sich allerdings teilweise an die falsche Stelle, weil die Politik auch ihren Beitrag leisten müsse.

Schavan wiegelt ab

Auch der Deutsche Lehrerverband äußerte sich zu den Protesten der Studierenden: "Ein viel größeres Problem als die nicht gelungene Bologna-Reform ist die Frage, wie die Universitäten ab dem Jahr 2011 die doppelten Abiturjahrgänge bewältigen sollen", sagte Verbandspräsident Josef Kraus. In diese Richtung hätten die protestierenden Studenten überhaupt noch nicht gedacht. Allerdings will sich der Lehrerverband den Protesten wegen programmatischer Unstimmigkeiten nicht anschließen.

Im Video: In rund 20 Städten haben Studenten Hörsäle besetzt. Einige wurden schon geräumt, aber in Berlin wollen die Studenten durchhalten bis zum heutigen bundesweiten Protesttag.

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Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) äußerte indes nur teilweise Verständnis für die Anliegen der Studenten. "Den Punkt der Verbesserung der Lehre teile ich." Bei der Umsetzung der Hochschulreform habe es handwerkliche Fehler gegeben. Sie betonte aber, dass trotz der Wirtschaftskrise in Deutschland noch nie so viel in Bildung investiert worden sei wie zurzeit.

Anders sehen dies die Grünen. Die bayerische Landesparteichefin, Theresa Schopper, sagte in München: "Wo gute Bildung immer mehr zu einer Frage des Geldbeutels der Eltern wird, bleibt die Chancengerechtigkeit auf der Strecke."

Vielen Kindern aus armen Haushalten bleibe der Weg ans Gymnasium und die Hochschule verwehrt. Dies sei "heute ein sozialer Skandal und morgen ein riesiges arbeitsmarktpolitisches Problem, weil uns dann die Fachkräfte fehlen", warnte Schopper.

© dpa/ddp-bay/AFP/jobr/mati - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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