Kiel:Scheele warnt in Hartz IV-Debatte vor falschen Versprechen

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Schwerin (dpa/mv) - In der Debatte um Veränderungen an Hartz IV hat der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, zu maßvollem Vorgehen ermahnt. "Ich warne davor, ein neues System einzuführen. Nach 15 Jahren kann man gucken, was hat sich bewährt, was muss man ändern. Man sollte aber die Erwartungshaltung derjenigen, die zur Zeit Leistungsbezieher sind oder die sie vertreten, nicht all zu hoch schrauben", sagte Scheele am Dienstag in Schwerin auf einer Fachtagung der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit (BA).

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Schwerin (dpa/mv) - In der Debatte um Veränderungen an Hartz IV hat der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, zu maßvollem Vorgehen ermahnt. „Ich warne davor, ein neues System einzuführen. Nach 15 Jahren kann man gucken, was hat sich bewährt, was muss man ändern. Man sollte aber die Erwartungshaltung derjenigen, die zur Zeit Leistungsbezieher sind oder die sie vertreten, nicht all zu hoch schrauben“, sagte Scheele am Dienstag in Schwerin auf einer Fachtagung der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit (BA).

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte jüngst mit seinem Vorschlag für ein solidarisches Grundeinkommen von 1200 Euro im Monat für alle, die zu gemeinnütziger, sozialversicherungspflichtiger Arbeit bereit sind, die Debatte über Alternativen zu den in der SPD ungeliebten Hartz-IV-Leistungen ausgelöst. Müller habe mit seinem Bekenntnis zu einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor zwar ein wichtiges Zeichen gesetzt. Der von ihm benutzte Begriff sei aber nah am „bedingungslosen Grundeinkommen“ und wecke Fantasien, die nicht erfüllt werden könnten, sagte Scheele, der bis 2015 SPD-Sozialsenator in Hamburg war.

Er begrüßte, dass die Bundesregierung die Schaffung geförderter Arbeitsplätze unterstützen und vier Milliarden Euro zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit bereitstellen wolle. Doch warnte er davor, dabei die Fehler der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen aus den 1990er Jahren zu wiederholen. ABM für alle dürfe es nicht wieder geben.

Das von Union und SPD im Koalitionsvertrag verankerte Programm solle Menschen zugute kommen, die etwa wegen Alters oder mangelnder Berufskenntnisse keine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt hätten, sowie von Langzeitarbeitslosigkeit betroffenen Familien. Ihnen solle Teilhabe ermöglicht werden. „Das ist ein sozialer Arbeitsmarkt für diejenigen, die ansonsten von Ausgrenzung bedroht sind“, sagte Scheele. Für sie gelte es, in Zusammenarbeit mit den Kommunen und auch in Abstimmung mit der Wirtschaft geeignete, in der Regel auf zwei Jahre befristete Beschäftigungsmöglichkeiten zu entwickeln, die den Betroffenen Erfüllung gebe und Einkommen sichere. Personenbezogene Dienstleistungen wie in der Pflege oder Betreuung seien dafür aber eher ungeeignet, hieß es.

Für die große Mehrzahl der bundesweit derzeit etwa 845 000 Langzeitarbeitslosen bleibe es vorrangiges Ziel der BA, sie durch Qualifizierung und bessere Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. „Nur das Leben im ungeförderten Arbeitsmarkt ist ein wirkliches Leben, wie es unserem entspricht, mit Urlaub und Freizeit. Das Leben im SGB II soll eine temporäre Episode im Leben eines Menschen sein und keine dauerhafte“, betonte Scheele. Die Rahmenbedingungen seien gut. Der Arbeitskräfte-Bedarf der Firmen sei angesichts der guten Konjunktur weiterhin hoch.

Laut Statistik ist jeder dritte der knapp 2,5 Millionen Arbeitslosen in Deutschland länger als ein Jahr auf Jobsuche und gilt damit als langzeitarbeitslos. Scheeles erklärtes Ziel ist es, die Zahl bis Ende des Jahres unter 800 000 zu drücken.

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