Arbeitsmarkt - Kiel:Arbeitsagentur: Sanktionen für junge Menschen abschaffen

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Kiel/Schwerin (dpa/mv) - Die Nord-Chefin der Bundesarbeitsagentur, Margit Haupt-Koopmann, spricht sich für Sanktions-Lockerungen bei Hartz-IV-Verstößen aus. So sollten junge Menschen unter 25 Jahren künftig nicht mehr härter bestraft werden als Erwachsene und die Kosten der Unterkunft auch nicht mehr gekürzt werden. "Denn drohende Wohnungslosigkeit hilft niemandem weiter. Zudem verlieren wir dadurch auch die jungen Menschen", sagte Haupt-Koopmann zur Begründung. Vier von fünf Sanktionen hätten Terminversäumnisse als Grund. "Die Zahlen zeigen, dass Sanktionen nicht zwangsläufig bedeuten, dass Empfänger von Arbeitslosengeld II Arbeitsangebote ablehnen", machte die Chefin der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit deutlich.

Wenn Hartz-IV-Empfänger einen Termin bei der Arbeitsagentur verpassen oder ein Arbeitsangebot ablehnen, kann ihnen das Existenzminimum von 424 Euro um 10 bis 30 Prozent pro "Pflichtverletzung" gekürzt werden, bis hin zur vollständigen Streichung.

Lehnen Menschen unter 25 Jahren eine Arbeitsstelle ab, bekommen sie für drei Monate überhaupt kein Geld. Unterkunft und Heizung werden bei jungen Leuten weiter bezahlt, und auf Antrag gibt es Gutscheine für Lebensmittel und Hygieneartikel. Diese gesetzliche Regelung ist umstritten. Anfang November wird das Bundesverfassungsgericht urteilen, ob die Kürzung des Existenzminimums verfassungswidrig ist.

In Mecklenburg-Vorpommern sind den Daten der Arbeitsagentur zufolge immer weniger Menschen arbeitslos gemeldet. Im September 2019 waren es noch etwa 53 000 und damit 5600 weniger als ein Jahr zuvor. Mit der Arbeitslosenzahl sinkt auch die Zahl der Hartz-IV-Empfänger und die der Sanktionen.

Die Quote der mit Kürzungen belegten Hartz-IV-Empfänger liegt den Angaben zufolge aber konstant bei etwa 3 Prozent. Das zeige, dass Jobcentermitarbeiter nicht auf Sanktionen aus seien. "Niemand in den Jobcentern arbeitet gern mit Sanktionen. Doch Hartz IV basiert auf dem Grundsatz des Forderns und Förderns. Jeder Hilfebedürftige ist grundsätzlich verpflichtet, alles zu tun, um seine Bedürftigkeit zu verringern oder zu überwinden", machte Haupt-Koopmann deutlich.

Am 25. Oktober kommt in Schwerin das Erwerbslosenparlament des Landes zu seiner Jahrestagung zusammen. Das Gremium setzt sich für die Belange vor allem auch von Langzeitarbeitslosen ein, deren Familien häufig von Arbeitslosengeld II leben müssen.

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