Arbeit:Krankes Kind und strenger Chef - Kluge Eltern planen vor

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Stuttgart (dpa/tmn) - Zehn Erkältungen pro Jahr gelten bei Kindern als normal. Magen- und Darm-Grippe, Windpocken und Co. sind da nicht mitgerechnet. Für berufstätige Eltern kann das zum Problem werden, vor allem wenn der Arbeitgeber kein Verständnis zeigt.

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Stuttgart (dpa/tmn) - Zehn Erkältungen pro Jahr gelten bei Kindern als normal. Magen- und Darm-Grippe, Windpocken und Co. sind da nicht mitgerechnet. Für berufstätige Eltern kann das zum Problem werden, vor allem wenn der Arbeitgeber kein Verständnis zeigt.

Manchmal ist es wie verhext: Gerade wenn im Job viel Arbeit ansteht, wird das Kind krank. Und schon gehen die Grübeleien los: Welcher Partner kann zu Hause bleiben? Was tun, wenn der Chef Stress macht? „Jeder Arbeitnehmer hat ein Recht darauf, von der Arbeit freigestellt zu werden, wenn sein Kind krank ist“, sagt Michael Henn vom Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte in Stuttgart.

„Den rechtlichen Rahmen dafür geben Paragraf 616 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und Paragraf 45 des Sozialgesetzbuchs V.“ Der erste, Paragraf 616, sieht vor, dass jeder Arbeitnehmer, der unverschuldet fehlt - und dazu gehört auch die Erkrankung eines Kindes - Anspruch auf Lohnfortzahlung hat. „Und zwar bis zu fünf Tage im Jahr.“ Allerdings schließe nicht jeder Arbeits- und Tarifvertrag diesen Paragrafen ein, sagt Henn. „Falls nicht, greift automatisch Artikel 45 des Sozialgesetzbuches.“

Dieser besagt, dass jeder Elternteil von pflegebedürftigen Kindern unter zwölf Jahren sich zehn Tage pro Jahr für die Betreuung freinehmen darf, bei Alleinerziehenden sind es 25 Tage. „Hier gibt es dann aber keine Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber, sondern Kinderkrankengeld von der gesetzlichen Krankenkasse.“

Wäre es auch eine Option, sich selbst krankzumelden? „Das ist Betrug und kann zur fristlosen Kündigung führen“, warnt Henn. Im Notfall, zum Beispiel wenn bereits alle Krankentage aufgebraucht sind, sei unbezahlter Urlaub eine bessere Überbrückungsmöglichkeit.

Juliane Ade, Rechtsanwältin und Mediatorin aus Berlin empfiehlt berufstätigen Eltern viel Transparenz: „Ich rate dazu, das Problem des häufigen Fehlens möglichst früh beim Arbeitgeber anzusprechen.“ Insbesondere wenn dieser den Anschein erweckt, damit ein Problem zu haben. Im schlimmsten Fall droht nämlich ein Teufelskreis: „Erst ist es nur die Unzufriedenheit über das häufige Fehlen, dann kommt vielleicht noch Kritik an der Arbeit hinzu, und irgendwann entsteht ein brenzliges Gemenge von Kritikpunkten.“

Fordert der Chef Überstunden und Extraschichten, müssten Arbeitnehmer sich darauf rein rechtlich nicht einlassen: „Außer sie halten diese selbst für eine gute Lösung“, sagt Henn, der noch andere Kompromisse nennt: „Vielleicht ist eine Gleitzeitregelung eine Erleichterung oder ein Arbeitszeitkonto, bei dem der Arbeitnehmer sich die Stunden selbst einteilen kann und dadurch flexibler wird.“

Auch Eltern-Kind-Büros können eine Alternative sein. „Aus Gründen der Arbeitssicherheit aber nur, wenn das Kind nicht ansteckend ist“, sagt Christophe Göller, Pressesprecher beim Landschaftsverband Rheinland (LVR). Der LVR hat seinen Mitarbeitern ein Eltern Kind-Zimmer zur Verfügung gestellt, hauptsächlich zur Überbrückung von Ferien und freien Kitatagen, sagt Göller.

Wenn die Arbeit auf keinen Fall ein Fehlen entschuldigt, kann auch ein Kinderbetreuungsdienst eine Lösung sein. Im Großraum Frankfurt/Main, Berlin, Hamburg und Köln bietet das zum Beispiel der Notmütterdienst an. „Berufstätige Eltern können bei uns Betreuer anfordern, die dann stundenweise oder rund um die Uhr, das kranke Kind betreuen“, sagt Birgit Rosenbaum vom Notmütterdienst in Frankfurt. Eine passende Betreuungsperson zu organisieren, funktioniere jedoch nicht immer kurzfristig, bis zu zwei Tage Vorlauf müssten Eltern einkalkulieren. Die Kosten - rund 15 Euro pro Stunde - müssen Eltern aus eigener Tasche bezahlen.

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