Potsdam:Experten: Missstände Grund für Corona-Ausbruch in Klinik

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Der Corona-Ausbruch im städtischen Potsdamer Klinikum Ernst von Bergmann im Frühjahr geht nach Ansicht von Experten auf Schwächen in Hygiene, Verantwortung und...

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Potsdam (dpa/bb) - Der Corona-Ausbruch im städtischen Potsdamer Klinikum Ernst von Bergmann im Frühjahr geht nach Ansicht von Experten auf Schwächen in Hygiene, Verantwortung und dem Bau zurück. Die Geschäftsführung sei an der Wirtschaftlichkeit gemessen worden, nicht an Versorgungsqualität und Patientensicherheit, heißt es im Abschlussbericht, der am Dienstag vorgestellt wurde. Die Leiterin der Kommission, Brandenburgs Ex-Gesundheitsministerin Anita Tack (Linke), sagte: „Da spielen sowohl die Hygiene, da spielen sowohl die baulichen Anlagen, es spielen sowohl die Geschäftsführung und die Nichtwahrnehmung von bestimmten Verantwortlichkeiten eine Rolle und auch das Kontroll- und Meldesystem.“

In dem größten Potsdamer Krankenhaus hatten sich im Frühjahr Corona-Infektionen bei Patienten und Mitarbeitern gehäuft. Von Ende Januar bis Ende April waren 47 Corona-Patienten in der Klinik gestorben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt noch wegen Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung und fahrlässigen Tötung. Als Konsequenz aus dem Ausbruch waren die Geschäftsführer beurlaubt worden, die beiden neuen Chefs Hans-Ulrich Schmidt und Tim Steckel übernahmen die Aufgaben. Sie erarbeiteten unter anderem ein neues Hygienekonzept und einen Plan für mehr Sicherheit.

Die Kommission sieht Versäumnisse bei Klinikleitung, Gesellschafter und Aufsicht. Das Risiko einer Krankenhausinfektion sei nicht gesehen worden, heißt es im Bericht. Der Stellenwert und die Ausstattung der Krankenhaushygiene sei in vielen Aspekten unzureichend. Der Aufsichtsrat habe die effektive Kontrollfunktion nicht ausgeschöpft. Im Bericht wird auch kritisiert, dass durch stückweises Anbauen auf dem Gelände der Überblick über das Ganze verloren gehe.

Der Co-Leiter, Direktor des Instituts für Mikrobiologie und Virologe der Medizinischen Hochschule Brandenburg, Frank Hufert, kritisierte, die Krankenhaushygiene sei damals von der fachärztlichen Seite der Mikrobiologie mitbedient worden. „Das ist etwas, was nicht funktioniert.“ Geschäftsführer Schmidt sagte, die Hygiene sei gestärkt worden, am 1. April solle eine Hygiene-Chefärztin beginnen. Co-Geschäftsführer Tim Steckel forderte neue Rahmenbedingungen. Die Krankenhausfinanzierung schaffe derzeit Fehlanreize: „Hier steht nicht das Gesunden des Menschen im Fokus, sondern der systemische Druck, mehr Leistungen durch mehr Fälle zu generieren“, teilte er mit.

Die Kommission empfiehlt dem Gesellschafter, Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD), und dem Aufsichtsrat, den Fokus der Klinik auf exzellente Gesundheitsversorgung und Patientensicherheit zu setzen. Der Stadt rät sie, Krankenhausverbünde zu prüfen und die Aufsicht durch das Gesundheitsamt zu stärken. Die Besetzung des Aufsichtsratschefpostens durch die zuständige Beigeordnete für Gesundheit, Brigitte Meier (SPD), solle kritisch geprüft werden. Die Fachleute schlagen auch einen Klinikneubau oder -teilneubau vor.

Oberbürgermeister Schubert sagte, über gravierende Mängel habe der Aufsichtsrat damals nicht berichtet. Er wolle an dem Ziel festhalten, ein kommunales Krankenhaus in Potsdam zu erhalten. Ein Neubau solle geprüft werden. Die „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ hatten über die Ergebnisse zuvor berichtet.

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