Personalmangel:Verbände warnen vor Kollaps in der Pflege in Niedersachsen

Lesezeit: 2 min

Eine Pflegefachkraft geht mit einer Bewohnerin durch ein Seniorenheim. (Foto: Sina Schuldt/dpa/Symbolbild)

Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen steigt von Jahr zu Jahr. Die entsprechenden Pflegekräfte fehlen. Die Wohlfahrtsverbände schlagen Alarm.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Hannover/Bremen (dpa/lni) - Vor einem Kollaps in der Pflege haben Wohlfahrtsverbände in Niedersachsen und Bremen aus Anlass des „Tags der Pflegenden“ am Freitag gewarnt. „Uns fehlen in Niedersachsen bereits jetzt circa 25.000 Pflegekräfte, um alle Menschen zu versorgen, die pflegebedürftig sind“, sagte Bernhard Bruns vom Landes-Caritasverband für Oldenburg.

Er verwies darauf, dass in den letzten Monaten bereits Betten wegen Personalmangels stillgelegt wurden und Einrichtungen schließen mussten. „Wenn alles einfach so weiterläuft, werden wir uns innerhalb weniger Jahre von vielen Pflegeheimen verabschieden müssen“, fügte er hinzu.

Weil die Zahl pflegebedürftiger Menschen künftig weiter steige, werde künftig noch mehr Personal fehlen, betonte auch der Paritätische Wohlfahrtsverband in Bremen. Er forderte mehr Investitionen in die Ausbildung von Pflegekräften. Um zusätzliche Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen, sei es notwendig, Anträge beim Migrationsamt schneller zu bearbeiten.

Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen stieg in Niedersachsen und Bremen zuletzt deutlich an. Allein in Niedersachsen waren es nach Angaben des Landesamt für Statistik im Jahr 2021 mehr als eine halbe Million - ein Anstieg um 19 Prozent im Vergleich zu 2019. Nach Angaben der Caritas arbeiteten 2021 fast 190.000 Pflegekräfte in Niedersachsen. Rund 20.000 von ihnen gehen voraussichtlich bis 2030 in Rente.

Eine Umfrage der Diakonie unter mehr als 600 ihrer Einrichtungen bundesweit ergab, dass bereits 76 Prozent der Pflegeeinrichtungen und ambulanten Dienste im letzten halben Jahr Leistungen wegen Personalmangels sowie wegen des Krankheitsstands von Beschäftigten einschränken mussten.

Laut einer Untersuchung der Techniker Krankenkasse (TK) ist der Krankenstand unter Pflegekräften in Niedersachsen 2022 weiter gestiegen. Durchschnittlich 30 Tage fehlten Pfleger und Pflegerinnen demnach. Das entsprach einer Steigerung von über 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr (23,9 Tage). Den Angaben nach lag der Bundesdurchschnitt 2022 bei 28,8 Krankheitstagen. Für die Erhebung untersuchte die TK die Krankschreibungen ihrer rund bundesweit 5,6 Millionen versicherten Erwerbspersonen.

„Die Ergebnisse zeigen einmal mehr, wie belastet diese Berufsgruppe ist und dass die Fehltage in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen sind“, sagte der Leiter der TK-Landesvertretung Niedersachsen, Dirk Engelmann.

„Die Sicherstellung der Pflege bleibt landes- und bundesweit eine der großen Herausforderungen für die Gesellschaft und Politik“, sagte Niedersachsens Sozialminister Andreas Philippi (SPD) laut Mitteilung vom Freitag. Die Attraktivität des Pflegeberufes müsse kontinuierlich gestärkt werden. Zudem müssten die Arbeitsbedingungen sowie die Qualität in der Pflege weiter verbessert werden.

Dabei helfen soll unter anderem eine neue Beschwerdestelle, die durch eine Novelle des niedersächsischen Pflegegesetzes seit Jahresbeginn aufgebaut wird. So sollen Missstände leichter aufgedeckt werden. „Nur, wenn man davon weiß, können sich die Dinge ändern und verbessern“, sagte der Minister.

Die Beschwerdestelle richtet sich an Pflegebedürftige, Angehörige sowie Pflegekräfte. Die Einrichtung soll dem Landtag und der niedersächsischen Regierung jährlich Bericht erstatten.

© dpa-infocom, dpa:230512-99-659225/4

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: