Frankfurt am Main:Im Notdienst geschlagen: Gewalt gegen Ärzte auch in Hessen

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Beschimpfungen und Drohungen, bisweilen sogar Schläge müssen sich Mediziner in Hessen von Patienten oder deren Angehörige gefallen lassen. Seit Frühjahr 2019...

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Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Beschimpfungen und Drohungen, bisweilen sogar Schläge müssen sich Mediziner in Hessen von Patienten oder deren Angehörige gefallen lassen. Seit Frühjahr 2019 sammelt die Landesärztekammer (LÄK) Hessen die Berichte ihrer Mitglieder - als erste Ärztekammer in Deutschland. Ärzte finden auf der Homepage der Kammer einen Meldebogen für „Gewalt gegen Ärzte“. Er kann ausgedruckt, ausgefüllt und per Post oder Fax zurückgeschickt werden: anonym, wie eine Sprecherin der Landesärztekammer erklärt.

„Seit März 2019 sind 25 Bögen bei der LÄKH eingegangen“, zieht die Kammer nun eine erste Bilanz. Der überwiegende Teil der Absender arbeite in einer Praxis, ein Meldebogen bezieht sich auf einen Notfalleinsatz. „Generell werden in den Meldebögen vorwiegend verbale Formen von Gewalt beziehungsweise Aggression wie Beschimpfungen, Rufschädigung und die Androhung von Rufschädigung beschrieben“, berichtete die Kammer der Deutschen Presse-Agentur. „Bei dem Notfalleinsatz soll es neben Beleidigungen und Drohungen auch zu Schlägen gegen den Rettungsdienst gekommen sein.“

„In fast allen geschilderten Fällen ging die Gewalt von Patienten oder deren Angehörigen aus“, berichtete die Kammer. Dass in neun Monaten nur 25 Meldebögen eingingen, erlaube nicht den Rückschluss, „dass Gewalt nur eine geringe Rolle im ärztlichen Alltag in Hessen spielt“, betonte die Kammer. Studien belegten, dass aggressives Verhalten gegenüber Ärztinnen und Ärzten häufiger vorkomme, als im Allgemeinen angenommen werde. Der Fragebogen dient auch dazu, verlässliche Zahlen zu liefern, wie häufig verbale oder körperliche Gewalt in Praxen oder Kliniken vorkommt.

Gut dokumentiert sind solche Fälle in Frankreich. Dort würden schon seit 2013 alle gemeldeten Fälle in einem Register der nationalen Ärztekammer erfasst und dokumentiert. Von 2017 auf 2018 habe die Zahl der Fälle in Frankreich um neun Prozent zugenommen: Jeden Tag werden laut LÄK Hessen in Frankreich drei Ärzte in ihren Praxen beziehungsweise in der Klinik beleidigt, bedroht oder geschlagen. Insgesamt wurden dort 1126 Vorfälle registriert, die höchste Zahl, seit es Statistiken in diesem Bereich gibt.

Traurige Aktualität erhielt das Thema in Deutschland am 19. November, als ein psychisch kranker Mann den Berliner Arzt Fritz von Weizsäcker, den Sohn des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, bei einem öffentlichen Vortrag in seiner Klinik erstach. Nicht erst seit diesem Vorfall hält es die Landesärztekammer Hessen für wichtig, „bei Ärzten ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Gewalt nicht hingenommen werden muss“.

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