Gesundheit - Erfurt:Demokratie in Corona-Zeiten: Wie arbeitet das Parlament?

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Der Schriftzug des Thüringer Landtages vor dem Gebäude. Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Erfurt (dpa/th) - Wegen der Corona-Pandemie könnte der Thüringer Landtag im Mai mit nur noch 46 statt 90 Abgeordneten zusammen kommen. Es zeichne sich ab, dass es in den Fraktionen Sympathien für Überlegungen gibt, in nächster Zeit Plenarsitzungen mit nur noch 46 Abgeordneten abzuhalten, sagte Thüringens Landtagspräsidentin Birgit Keller (Linke) am Freitag in Erfurt. Wenn die Zahl der Parlamentarier so verringert werde, sollen die Mehrheitsverhältnisse zwischen den Fraktionen trotzdem abgebildet werden. Die Sitzungen des Parlaments im April wurden abgesagt.

Der Ältestenrat des Landtages habe sich verständigt, dass alle 90 Abgeordneten der Reduzierung des Parlaments zustimmen müssten, sagte die Grünen-Fraktionschefin Astrid Rothe-Beinlich, die auch im Ältestenrat des Landtages sitzt. Ihre Fraktion sei dazu bereit.

Eine Plenarsitzung mit weniger als 46 Abgeordneten sei aufgrund der Regelungen in der Landesverfassung und der Geschäftsordnung des Landtags verfassungsrechtlich problematisch, sagte Keller. "Es nützt uns nichts, wenn Beschlüsse, die wir mit noch weniger Abgeordneten fassen, im Nachgang juristisch angegriffen werden könnten", sagte sie.

Sind nicht alle Landtagsabgeordneten mit einer Reduzierung des Parlaments einverstanden, müsste der Landtag vorübergehend umziehen, damit für genügend Abstand zwischen den Politikern gesorgt werden kann. Mindestens 1,5 Meter sollten es sein - so steht es auch in der Grundverordnung der Landesregierung, die seit Mittwoch gilt. Bleibt es bei 90 Abgeordneten, wäre der Saal zu klein. Nachgedacht werde etwa darüber, in die Arena auszuweichen, die dafür aber angemietet werden müsste, sagte Rothe-Beinlich. Laut Keller bedeutet dies aber einen hohen organisatorischen, technischen und auch finanziellen Aufwand. Die letzte Entscheidung darüber werde im Ältestenrat des Parlaments fallen.

Keller sagte, dass nur mit einer deutlich verringerten Zahl von Abgeordneten sichergestellt werden könne, dass die notwendigen Abstände zwischen den Abgeordneten auch während der Plenarsitzungen eingehalten werden. Dabei müssten sowohl der Plenarsaal als auch die Besuchertribünen für die Abgeordneten genutzt werden.

Der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Torben Braga, wäre mit dieser Variante einverstanden. "Wir finden, dass ein reduzierter Landtag eine sinnvolle Alternative ist", sagte Braga. Einen Beschluss seiner Fraktion gebe es zu dieser Frage aber noch nicht. Braga schloss aber auch einen Umzug nicht aus.

Die Thüringer CDU-Fraktion plädiert für eine Reduzierung des Parlaments. "Wichtig ist, dass der Landtag selbst für im Zweifel kurzfristige Sitzungen handlungsfähig ist", sagte der parlamentarische Geschäftsführer Andreas Bühl. Auch die Abgeordneten der SPD-Fraktion sprachen sich für diese Variante aus, wie eine Sprecherin erklärte. "Wer jetzt darauf besteht, den gesamten Landtag einzuberufen, trägt dann eben dafür die Verantwortung, dass für die Anmietung und Herrichtung größerer Räume immer auch Steuergelder ausgegeben werden, die man in diesen Zeiten weitaus dringender woanders benötigt", erklärte die Sprecherin.

Auch Die Linke-Fraktion könne sich "unter Wahrung einer entsprechenden Vorarbeit in den Ausschüssen" ein "46er Modell" gut vorstellen. Das Thema soll aber noch in einer Fraktionssitzung besprochen werden.

Keller sagte, dass Abstimmungen über Gesetzesentwürfe bei der "46er-Lösung" über einen sogenannten Hammelsprung organisiert werden könnten. Alle Abgeordneten würden dabei den Plenarsaal oder die Tribüne verlassen und durch eine von drei Türen wieder in den Plenarsaal kommen. "Unter Berücksichtigung der Abstände natürlich", sagte Keller. Jede Tür würde dabei entweder für Zustimmung oder Ablehnung oder Enthaltung etwa zu einem Gesetzesentwurf stehen.

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