Düsseldorf:Corona-Politik: Landtag streitet über Schieflage und Hochmut

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Thomas Kutschaty (SPD), Vorsitzender der nordrhein-westfälischen SPD. (Foto: Jonas Güttler/dpa/Archivbild)

In einer kontroversen Debatte hat der nordrhein-westfälische Landtag am Mittwoch über Gerechtigkeit in der Corona-Politik gestritten. Im Mittelpunkt standen...

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Düsseldorf (dpa/lnw) - In einer kontroversen Debatte hat der nordrhein-westfälische Landtag am Mittwoch über Gerechtigkeit in der Corona-Politik gestritten. Im Mittelpunkt standen Grundrechte von Geimpften und Genesenen, die Notbetreuung in Kitas und soziale Schieflagen bei den stark abweichenden Infektionsraten in reichen und armen Stadtteilen.

Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) kündigte für soziale Brennpunkte in den Großstädten besondere Impfaktionen mit Informationskampagnen und mobilen Teams an. Wo Menschen in beengten Wohnverhältnissen lebten, sei die Gefahr sich anzustecken größer als im großzügig angelegten Einfamilienhaus.

„Mich hat besonders das Beispiel Köln beeindruckt“, sagte Laschet. „Köln Chorweiler: Inzidenz 500, Köln-Hahnwald: Inzidenz null.“ Hier stelle sich klar eine soziale Frage. „Wenn die ganze Gesellschaft zusammenhalten soll in dieser Frage, darf es nicht von der Postleitzahl abhängen, wo die Inzidenzen hoch sind.“

In Köln gibt es - wie in anderen Großstädten - massive Unterschiede bei den Corona-Zahlen in mehr oder weniger wohlhabenden Vierteln. Der Krisenstab der Stadt Köln will sich am Freitag mit dem Thema befassen.

Der Oppositionsführer im Landtag, Thomas Kutschaty, appellierte an Laschet, nicht nur zu reden, sondern auch zu handeln. „Corona darf dieses Land nicht spalten“, mahnte der SPD-Fraktions- und Landesparteichef.

Bislang sei der CDU-Chef vor allem durch Schönfärberei seiner Corona-Politik aufgefallen, warf der SPD-Politiker Laschet vor. Vor allem sein Vergleich des Impf-Tempos in NRW mit dem in den USA sei „wieder so ein typischer Laschet gewesen“, sagte Kutschaty. „Klingt erstmal gut, hält aber keiner Überprüfung stand.“

Im Landtag relativierte Laschet seinen Vergleich. „Wenn alles gut läuft“, könnten am Mittwoch aber 180 000 Impfdosen in NRW verabreicht werden. „Das ist ein Prozent der Bevölkerung, und das ist ungefähr das Impf-Tempo, das die USA an einem Tag haben.“ Er räumte aber ein: „Jetzt sind wir natürlich längst nicht wie die USA so weit, weil die viel schneller und viel größere Mengen hatten.“

Grünen-Fraktionschefin Verena Schäffer attestierte der schwarz-gelben Landesregierung sogar „Schnecken-Tempo“. Laschet habe außer „PR-Sätzen“ nichts zu bieten. „Ihr einziges Ziel ist es, sich bis zur Bundestagswahl irgendwie durch diese Pandemie zu wurschteln“, hielt die Grüne dem Kanzlerkandidaten der Union vor, der am Mittwoch erstmals nach seiner heftig umkämpften Kür im Landtag auftrat.

Bei der schwierigen rechtlichen Frage, unter welchen Bedingungen Menschen mit Corona-Impfung sowie Genesenen ihre Grundrechte wieder vollständig zu gewähren seien, werde die Landesregierung sich an das halten, was Bundestag und Bundesrat nun zu beschließen hätten, kündigte Laschet an. „Es ist richtig, dass wir abgestimmt mit Bund und Ländern vorgehen.“

FDP-Fraktionschef Christof Rasche unterstrich, seine Partei werde weiter für ihre verfassungsrechtlichen Überzeugungen kämpfen. „Wenn es keinen Grund gibt, Grundrechte einzuschränken, müssen sie bestehen.“ Der FDP-Landesparteichef und stellvertretende Ministerpräsident Joachim Stamp sagte, er akzeptiere nicht, „dass Apokalypse an die Wand gemalt wird und damit weite Teile der Gesellschaft so verunsichert werden, dass eine vernünftige Pandemie-Bekämpfung nicht mehr möglich ist“.

AfD-Fraktionschef Markus Wagner warnte vor einem „Meinungskartell“, das jeden bestrafe, der widerspreche. Das habe der Streit über die Schauspieler-Aktion #allesdichtmachen deutlich gezeigt. „Normalmalbürgern“ werde von den etablierten Parteien jeder Einfluss verwehrt. So komme es zum „unseligen Dauer-Lockdown“. Die AfD werde sich dem „Zeitgeist der Einfalt und Intoleranz widersetzen“.

CDU-Fraktionschef Bodo Löttgen räumte ein, auch innerhalb der Parteien gebe es kontroverse Diskussionen über Gerechtigkeit und Schieflagen. „Der Weg zur Normalität ist schwieriger als gedacht.“

© dpa-infocom, dpa:210428-99-384079/3

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