Augengesundheit:Brillen mit Blaulichtfilter bringen wohl keine Vorteile

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Die Augen schonen und besser schlafen? Das versprechen die Hersteller von Brillen mit Blaulichtfiltern. (Foto: Science Photo Library / Microgen Images/mauritius images / Science Photo)

Sie sollen bei langer Bildschirmnutzung die Augen schonen und den Schlaf verbessern - doch dass sie wirklich etwas bringen, lässt sich nicht belegen. Wirklich wirksam ist laut einem Experten dagegen etwas anderes.

Sie werden seit etlichen Jahren angeboten: Blaulichtfilter-Brillen sollen die Augen bei der Nutzung von Computern, Tablets und Smartphones vor dem blauen Licht schützen, das von Monitoren und Displays ausgeht. Dieses Licht ist zwar auch Bestandteil von natürlichem Sonnenlicht. Doch Linsen-Hersteller behaupten, durch die zunehmende Zeit vor digitalen LED-Geräten seien wir dem Licht mehr ausgesetzt, das habe Folgen für Augengesundheit und Schlafrhythmus. Eine Überblicksarbeit des renommierten Forschungsnetzwerks Cochrane jedoch kommt nun zu dem Ergebnis: Brillen mit Blaulichtfilter machen wahrscheinlich keinen Unterschied für die Belastung der Augen. Ebenso wenig Einfluss haben sie vermutlich auf die Schlafqualität und die Gesundheit der Netzhaut. Einen deutschen Experten überrascht das nicht.

Eine internationale Forschungsgruppe um Laura Downie und Sumeer Singh von der University of Melbourne hat einige der Behauptungen unter die Lupe genommen. Das Team untersuchte die Auswirkungen von Brillengläsern mit Blaulichtfilter im Vergleich zu Gläsern ohne solche Filter auf die Anstrengung der Augen, den Schutz der Netzhaut und die Verbesserung der Schlafqualität. Dazu wertete es Daten aus 17 kontrollierten Studien aus sechs Ländern aus. Die Studien hatten zwischen fünf und 156 Teilnehmer und liefen über einen Zeitraum von bis zu fünf Wochen.

In Bezug auf die Ermüdung der Augen durch Computernutzung ergab die Analyse zumindest keine kurzfristigen Vorteile der Blaulichtfilter. "Es ist derzeit auch unklar, ob diese Brillengläser die Sehqualität oder schlafbezogene Ergebnisse beeinflussen", wird Downie in einer Mitteilung zitiert. Demnach konnte das Team auch keine Schlussfolgerungen über mögliche langfristige Auswirkungen auf die Netzhautgesundheit ziehen. Das sollten Menschen vor dem Kauf einer solchen Brille bedenken, so Downie.

Diese Ergebnisse überraschen Michael Bach vom Universitätsklinikum Freiburg nicht. Der Sehforscher beschäftigt sich schon lange mit vermeintlichen Vorteilen von Blaulichtfiltern und schreibt in seinem Blog von "blauem Blödsinn". Die Autoren der Cochrane-Studie weisen auf eine eher dürftige Datenlage hin und betonen, dass aufgrund der kurzen Nachbeobachtungszeit der Studien keine Aussagen über längerfristige Ergebnisse getroffen werden könnten. Hier wären größere und längere Studien nötig, schreiben sie.

Kritisch ist weniger das blaue Licht, sondern das kontinuierliche Starren

Bach sieht diese Notwendigkeit nicht: "Die Menge an Blaulicht, die vom Bildschirm kommt, ist lächerlich klein verglichen mit dem, was man bei einem Sonnentag draußen abkriegt. Und dafür ist das Auge gebaut." Zudem sei blaues Licht im Vergleich zu anderen Lichtfarben nicht viel wirksamer - an diesen biologischen Tatsachen würden auch Langzeitstudien nichts ändern.

Eine Belastung für die Augen etwa durch Computer gebe es aber schon, betont Bach. Wenn man lange Zeit in die gleiche Richtung oder Entfernung schaue, könne es zu mangelndem Lidschlag kommen, was zu trockenen Augen führen könne. Wer also lange am Bildschirm arbeite, sollte mindestens einmal pro Stunde fünf Minuten in die Ferne schauen oder alle halbe Stunde aufstehen und sich bewegen.

Mit Blick auf die Folgen von blauem Licht für den Schlaf erklärt Bach, es gehe vor allem darum, Helligkeit vor dem Einschlafen zu vermeiden. Aber auch hier sei der Unterschied von blauem Licht zu anderen Lichtfarben relativ klein. "All diese Tipps klingen trivial, sind aber richtig", sagt der Experte, der Mitglied der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) ist.

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Die Cochrane-Autoren gehen auch auf Nebenwirkungen der Blaulichtfilter ein: Dass mitunter über Unbehagen beim Tragen der Brille, Kopfschmerzen und schlechtere Stimmung geklagt werde, hänge vermutlich mit dem Tragen der Brille im Allgemeinen zusammen. Solche Nebenwirkungen würden auch bei Brillengläsern ohne Blaulichtfilter beobachtet.

Bach ergänzt, dass solche Linsen die Beurteilung von Farben veränderten - ein Umstand, der etwa für Grafikdesigner von Bedeutung sein könnte. Darüber hinaus sei eine Stimmungsbeeinflussung zumindest denkbar, da die Filter weniger Licht durchließen. "Das könnte eventuell für Menschen von Bedeutung sein, die zu Depressionen neigen."

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