Medizinethik:"KI darf den Menschen nicht ersetzen"

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Alena Buyx, Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, spricht sich für mehr Datennutzung in der Medizin aus. (Foto: Christoph Soeder/dpa)

Die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz seien gerade in der Medizin "fantastisch", sagte die Ethikratsvorsitzende Alena Buyx während eines SZ-Gesundheitsforums. Aber es brauche Grenzen.

Von Christina Berndt

Wenn Algorithmen bei der Diagnose von Krankheiten mitrechnen und Empfehlungen zu Behandlungen machen, ist die Ethik gefragt. Bereits vor einem Jahr hat der Deutsche Ethikrat unter Leitung der Münchner Medizinethikerin Alena Buyx eine ausführliche Stellungnahme zum Thema "Mensch und Maschine - Herausforderungen durch Künstliche Intelligenz" erarbeitet. Während des Gesundheitsforums von Süddeutsche Zeitung und Bayerischer Akademie der Wissenschaften zum Thema KI in der Medizin berichtete Buyx über die wesentlichen Schlussfolgerungen. KI sei ganz ohne Frage eine Dual-use-Technologie, so die Ethikratsvorsitzende, eine Mischung aus "Horror und Heilsbringer". Beide Aspekte würden in der öffentlichen Debatte aber oft überzogen dargestellt, so Buyx: "Die Wahrheit liegt in der Mitte."

Die KI biete "fantastische Möglichkeiten, gerade auch in der Medizin", sagte die Ethikerin. Sie könne die Diagnostik von Hautkrebs revolutionieren, Mammografie und Röntgenanalysen verbessern und auch bei der gezielten Entwicklung von Medikamenten helfen. "Nun geht es darum, diese Technologie verantwortlich einzusetzen mit dem größten Nutzen."

Digitalgesetzgebungen im Gesundheitswesen seien überfällig

So intelligent Technik sei, an menschliche Intelligenz in all ihren Dimensionen könne die KI nicht heranreichen, sagte Buyx. "Wir streiten nicht ab, dass der kognitive und computationale Bereich der Intelligenz alsbald von diesen Maschinen übernommen werden können. Gleichzeitig unterstreichen wir deutlich: Die menschliche Intelligenz, die unser planvolles, verantwortliches Handeln steuert, ist mehr als nur kognitiv und computational, sie ist auch emotional, emotiv und sozial. Das ist mehr als nur Datenerfassung und -verdrahtung." Deswegen könnten Anwendungen der KI auch nicht im moralisch relevanten Sinn Verantwortung übernehmen. "Der Einsatz von KI muss menschliche Entfaltung, Autorschaft und Handlungsmöglichkeiten erweitern und darf sie nicht vermindern", so Buyx. "KI darf den Menschen nicht ersetzen." Keinesfalls dürften Ärztinnen und Ärzte deshalb verpflichtet werden, die Ergebnisse der KI zu nutzen. Aber die nachwachsende Generation von Medizinern müsse gut darin ausgebildet werden, die Technik zum Wohl der Patienten zu nutzen - und diese müssten über deren Einsatz aufgeklärt werden.

Als Ethikerin fühle sie sich dem Datenschutz verpflichtet, betonte Buyx. Aber klar sei auch: "Gute KI funktioniert nur mit guten Daten. Wenn wir wollen, dass das Gesundheitssystem gut bleibt und besser wird, dann sollten wir alle gemeinsam eine gemeinwohlorientierte Nutzung medizinischer Daten, verantwortlich und gesichert, befördern." Sie sei deshalb "bei aller Debatte und aller Kritik zufrieden damit, dass jetzt mal einige Digitalgesetzgebungen im Gesundheitswesen passieren".

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