Kampf gegen Ebola:Fiebermessen am Flughafen

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200 Millionen im Kampf gegen Ebola: Die Weltbank kündigt Hilfe für die Länder an, die bisher völlig überfordert sind - es wächst auch die Sorge, dass die Seuche Deutschland erreicht.

Von Nina von Hardenberg und Tobias Zick, München

Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Wer diesen Ebola-Ausbruch eindämmen und stoppen wolle, müsse "schnell handeln", sagte Weltbankpräsident Jim Yong Kim, als er am Montag die ganze Welt um Unterstützung für die Länder in Westafrika bat. Weit mehr Menschenleben stünden auf dem Spiel, solange das tödliche Virus in diesen Ländern mit ihren schwachen Gesundheitssystemen wüte.

Die Weltbank kündigte 200 Millionen Dollar Nothilfe für die drei von Ebola betroffenen Länder Guinea, Liberia und Sierra Leone an. Am Dienstag zog Deutschland nach: Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sagte eine Million Euro zu. Das Geld soll vor allem in die Stärkung der Logistik und die Verbesserung der Koordination der Hilfen gehen.

Das Auswärtige Amt riet dringend von Reisen in die drei Ebola-Länder ab.

Epidemie in Westafrika
:Was Ebola so gefährlich macht

Westafrika bekommt die Ebola-Epidemie nicht in den Griff. Sierra Leone hat seinen wichtigsten Arzt und medizinisches Personal verloren. Es bleibt die Angst, dass selbst Experten der Seuche schutzlos ausgeliefert sind. Welche Mittel schützen und wie groß die Gefahr für Deutschland ist.

Von Berit Uhlmann

Deutschland und die internationale Gemeinschaft reagieren damit auf die weitere Ausbreitung der Seuche, die inzwischen Nigeria als viertes afrikanisches Land erreicht hat und die nach Einschätzung von Beobachtern in den drei anderen Ländern außer Kontrolle geraten ist. Laut WHO sind bereits 887 Menschen an Ebola gestorben, mehr als 1600 haben sich infiziert. Unter ihnen sind vier Fälle in Nigeria. Nie zuvor hat dieses 1976 entdeckte gefährliche Fieber derart lange in einer Region gewütet, noch nie hat es so viele Tote gefordert.

Vergangene Woche hatte bereits die WHO ein Notprogramm angekündigt, das die betroffenen Länder unterstützen soll. Diese hatten sich im Kampf gegen die Seuche bislang überfordert gezeigt: Aufklärungskampagnen kamen zu spät und waren halbherzig organisiert; Politiker redeten das Problem klein. Der Präsident von Guinea etwa, Alpha Condé, hatte Anfang April die Experten der WHO mit der Aussage überrascht, die Lage sei "momentan unter Kontrolle".

Das Risiko einer Ansteckung im Flugzeug stuft die WHO als gering ein

Zudem misstrauen die Menschen besonders in entlegenen Dörfern eigenen Behörden und ausländischen Helfern: Oft verstecken Angehörige die Kranken in ihrer Familie vor den Ärzten, die mit ihren futuristischen Schutzanzügen mehr Schrecken als Beruhigung verbreiten; immer wieder machen Gerüchte die Runde, dass die Krankheit erst von Ausländern ins Land gebracht worden sei. So wird die schlichteste und wirksamste Maßnahme unmöglich gemacht: das Isolieren der hochansteckenden Kranken. Gegen Ebola gibt es keine Impfung und keine Therapie. Die Krankheit ist sehr anstreckend und verläuft bei mehr als 55 Prozent der Infizierten tödlich. Kein Wunder also, dass auch in Europa und den USA die Angst zunimmt. Zwar gab es bislang keinen einzigen Ebola-Fall in Deutschland, zumindest theoretisch könnte aber jeder Fluggast aus einem betroffenen Land die Seuche mitbringen, so die Sorge - zumal in Nigeria nun erstmals ein Land mit einer direkten Flugverbindung nach Deutschland betroffen ist. Die Lufthansa fliegt zwei Mal täglich von Frankfurt nach Nigeria. Mit einem Airbus 340, der bis zu 330 Passagiere an Bord nehmen kann. Als erste internationale Fluggesellschaft stellte die arabische Emirates am Samstag ihre Flüge nach Guinea ein. British Airways gab am Dienstagabend bekannt, Flüge nach Sierra Leone und Liberia bis zum Monatsende auszusetzen.

In der Realität schätzen Experten die Gefahr, dass sich die Seuche in Ländern mit hoch entwickelten Gesundheitssystemen verbreitetet, allerdings als gering ein. Zwar ist es möglich, dass Ebola über einzelne Kranke in diese Länder eingeschleppt wird. Solche Patienten werden dann sofort auf Isolierstationen verlegt. In Deutschland sind gleich neun Kliniken auf die Behandlung von Ebola spezialisiert, zum Beispiel in Hamburg, Berlin, Frankfurt und München.

Die Lufthansa sieht deshalb derzeit auch keinen Grund, ihre Flüge nach Nigeria zu stoppen. "Die WHO hält das Risiko einer Ansteckung an Bord für extrem gering", betonte ein Sprecher. Tatsächlich wird Ebola nur über nahen Körperkontakt übertragen. Am ansteckendsten ist die Krankheit zudem, wenn sie bereits ausgebrochen ist und im Körper wütet. Dann aber ist der Patient bereits so geschwächt, dass er kaum mehr in der Lage sein dürfte, ein Flugzeug zu besteigen.

Auch die meisten anderen Fluglinien wollen die von der Seuche betroffenen Länder weiterhin anfliegen. Auch Brussels Airline fliegt weiter mehrmals wöchentlich nach Guinea, Liberia und Sierra Leone. Das Risiko sei überschaubar, sagte ein Sprecher, die Länder hätten Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. Derzeit dürften nur noch Reisende und Flugpersonal die Flughäfen betreten. Die Passagiere würden vor dem Abflug gebeten, einen Fragebogen auszufüllen und Fieber messen zu lassen. Bislang habe man keinen Ebola-Fall an Bord gehabt. Die Reisenden reagieren laut Lufthansa bisher gelassen. Die Flüge seien genauso frequentiert wie sonst.

© SZ vom 06.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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