Prognos-Studie zum Mindestlohn:Turbo für den Fiskus

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Diese Studie ist Wasser auf die Mühlen der Sozialdemokraten: Laut Prognos-Institut würde ein Mindestlohn von 8,50 Euro via Gehaltserhöhungen mehr als sieben Milliarden Euro zusätzliche Steuereinnahmen in die Staatskasse spülen.

Es klingt verlockend: Ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde könnte die öffentlichen Haushalte um über sieben Milliarden Euro entlasten.

Putzfrau im Bundeskanzleramt: Die Hausherrin ist gegen allgemeine Mindestlöhne für Beschäftigte mit geringen Einkommen. (Foto: ddp)

Das geht zumindest aus einer neuen Studie des Schweizer Forschungsinstituts Prognos hervor: Die Basler Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass sich bei einem Mindestlohn von 8,50 Euro die Einkommenssituation von rund fünf Millionen Arbeitnehmern verbessern würde. Laut der Untersuchung würden sie deswegen 14,5 Milliarden Euro mehr an Erwerbseinkommen erzielen und jeweils 2,7 Milliarden Euro mehr an Steuern und Sozialbeiträgen zahlen.

Zudem gingen staatliche Transfers wie Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe, Wohngeld oder Kindergeldzuschlag im Umfang von 1,7 Milliarden Euro zurück.

Das klingt zu gut, um wahr zu sein. Und in der Tat wurde die Studie von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Auftrag gegeben. Die Sozialdemokraten kämpfen schon seit langem für die einen einheitlichen Mindestlohn, wie er in anderen Staaten üblich ist. Insofern überrascht es nicht, dass bei der Prognos-Studie mögliche negative oder positive Beschäftigungseffekte ausgeklammert wurden. Die Forscher argumentieren, dass sich diese nicht eindeutig vorhersagen ließen. Einige Wirtschaftswissenschaftler gehen hingegen davon aus, dass viele derzeit schlechtbezahlte Jobs von Arbeitgebern gar nicht mehr angeboten würden, wenn es eine Lohnuntergrenze gäbe.

Ein Mindestlohn von fünf Euro pro Stunde würde demnach Mehreinnahmen und Einsparungen beim Staat im Gesamtumfang von gut 1,3 Milliarden Euro bringen.

Bei zwölf Euro Mindestlohn summiere sich der fiskalische Gewinn auf 24,4 Milliarden Euro.

Der Friedrich-Ebert-Stiftung zufolge erhalten derzeit 1,2 Millionen Menschen in Deutschland einen Stundenlohn von unter fünf Euro. Für 3,6 Millionen Menschen liege er unter 7,50 Euro und für Millionen Menschen unter 8,50 Euro.

In Deutschland gibt es bislang - im Gegensatz zu vielen europäischen Staaten und den USA - keinen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn. Allerdings wurden in bestimmten Branchen Lohnuntergrenzen festgesetzt - etwa im Baugewerbe, bei Dachdeckern, Malern und Lackierern, Gebäudereinigern und Pflegern. Diese branchenspezifischen Mindestlöhne lagen nach Angaben des Statistischen Bundesamts zu Jahresbeginn zwischen 6,50 und 12,95 Euro pro Stunde.

Die SPD-Bundestagsfraktion, welche die Studie präsentierte, sieht sich dadurch in ihrer Position bestätigt, wonach eine Haushaltskonsolidierung auch sozial gerecht möglich sei.

Die Bundesregierung habe hingegen ein sozial unausgewogenes Sparpaket vorgelegt, kritisierten Fraktionsvize Hubertus Heil und der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider.

Die angeblichen Belastungen für die Verursacher der Finanzkrise und hohe Einkommen seien reine Ankündigungen geblieben. Konkret seien dagegen die Belastungen für die arbeitenden Menschen und vor allem für die Arbeitsuchenden.

Die Grünen-Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer sagte, die Studie belege, dass von einem Mindestlohn die Niedriglöhner, "faire Unternehmen" und der Staat profitieren würden. "Die Mindestlohnverweigerer von CDU/CSU und FDP müssen endlich ihre rein ideologisch motivierte Blockade aufgeben", forderte Pothmer. Sie appellierte an Schwarz-Gelb, angesichts der Öffnung des Arbeitsmarktes zum 1. Mai ihre "historisch falsche" Position zu räumen.

Die Bundesregierung lehnt bislang zwar einen universell gültigen Mindestlohn ab, doch in den Reihen der Union bröckelt der Widerspruch gegen eine gesetzliche Lohnuntergrenze: Die CDU-Sozialausschüsse würden ihre Einführung unter bestimmten Voraussetzungen inzwischen vielmehr unterstützen.

Der Chef der Unionsarbeitnehmergruppe im Bundestag, Peter Weiß, sagte den Stuttgarter Nachrichten, die Union präferiere branchenbezogene Mindestlöhne, die von den Tarifpartnern ausgehandelt werden. "Wenn derartige Vereinbarungen aber nicht möglich sind, schlagen die Sozialausschüsse der CDU einen ergänzenden allgemeinen Mindestlohn vor", sagte Weiß.

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