Innere Sicherheit:Strengere Regeln für Ex-Geheimdienst-Mitarbeiter gefordert

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Deutsche Sicherheitsinteressen müssten besser geschützt werden, heißt es aus dem Parlamentarischen Kontrollgremium. (Foto: Christophe Gateau/dpa)

Wer als Spitzenbeamter Wissen über die Arbeitsweise deutscher Nachrichtendienste erlangt, darf das in einem neuen Job nicht nutzen. Doch die Kontrolleure im Bundestag finden die geltenden Vorschriften zu lasch.

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Berlin (dpa) - Das für die Kontrolle der Geheimdienste zuständige Gremium des Bundestages findet die Regeln für ehemalige Top-Beamte aus sicherheitsrelevanten Bereichen nicht streng genug. „Aus Sicht des Gremiums ist es problematisch, dass Beamtinnen und Beamte mit vertieften sicherheitsrelevanten beziehungsweise nachrichtendienstlichen Kenntnissen ungeprüft privatwirtschaftliche Tätigkeiten aufnehmen, die im Zusammenhang mit ihrer vorherigen dienstlichen Verwendung stehen“, heißt es in einer Unterrichtung des Parlamentarischen Kontrollgremiums.

Auch Tätigkeiten ehemaliger Bundeswehr- oder Polizeiangehöriger für private oder staatliche Unternehmen in fremden Staaten seien besorgniserregend.

„Es besteht die Gefahr, dass dienstlich erworbene Fähigkeiten und Kenntnisse autoritären Regimen oder kriminellen Organisationen zur Verfügung gestellt werden“, warnen die Abgeordneten, die dem geheim tagenden Gremium angehören. „Das ist auch vor dem Hintergrund der veränderten Sicherheitslage in Europa durch den russischen Angriffskrieg, kurz Zeitenwende, inakzeptabel“, gab das Parlamentarische Kontrollgremium zu bedenken.

Kontrollgremium: Bestimmte Tätigkeiten untersagen

Für Beamte im Ruhestand mit „vertieften sicherheitsrelevanten Kenntnissen“ schlägt das Gremium vor, dass der Dienstherr die Möglichkeit erhält, bestimmte Tätigkeiten zu untersagen, auch dann wenn er auf einem anderen Weg als durch eine Anzeige des Beamten davon erfährt, die Tätigkeit aber evident dienstliche Interessen beeinträchtigt. „Das Gremium erachtet - im Gegensatz zur Bundesregierung - die geltende Rechtslage als nicht ausreichend“, heißt es in der Unterrichtung weiter.

Deutsche Sicherheitsinteressen müssten besser geschützt werden, mahnte der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle. Beschäftigte im öffentlichen Dienst hätten zwar nach dem Ende ihrer Dienstzeit die Möglichkeit, einer anderen Erwerbstätigkeit nachzugehen und würden dabei auch von der im Grundgesetz verankerten Berufsfreiheit geschützt, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende.

Er betonte: „Die Verschwiegenheitspflicht aus der Tätigkeit im Staatsdienst gilt jedoch weiter, so dass keine vertraulichen Informationen weitergegeben werden dürfen.“ Das Kontrollgremium ist der Auffassung, dass eine Erwerbstätigkeit, die nach dem Beamtengesetz dienstliche Interessen beeinträchtigt, typischerweise auch die darin festgeschriebene Verschwiegenheitspflicht verletzt.

„Wer diesem Staat dient, darf ihn nicht bekämpfen“

Christoph de Vries (CDU), der wie Kuhle dem Geheimdienst-Kontrollgremium angehört, sagte, die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ausgerufene „Zeitenwende“ bedeutet auch, „dass wir mehr acht auf die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland geben müssen“. Dazu gehöre, dass sicherheitsrelevante Informationen, die Beschäftigte von Sicherheitsbehörden in ihrer aktiven Dienstzeit erlangt haben, „nicht in die falschen Hände geraten und von autokratischen Systemrivalen gegen Deutschland und andere demokratische Staaten verwendet werden können“. Dafür brauche es strengere Regelungen.

„Wer diesem Staat dient, darf ihn nicht bekämpfen. Seit Jahren tut sich der Staat schwer, wenn sich seine Bediensteten verfassungsfeindlich verhalten oder sich ihr sensibles Wissen zweifelhaft vergolden lassen“, sagte der Obmann der Grünen im Innenausschuss, Marcel Emmerich, der Deutschen Presse-Agentur.

Zur ersten Lesung stand ein Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Beschleunigung von Disziplinarverfahren in der Bundesverwaltung“ an, der unter anderem eine schnellere Entfernung von Extremisten aus dem Dienst ermöglichen soll. Auch Beamte im Ruhestand trügen eine große Verantwortung, sagte Emmerich. Deshalb müsse die Anzeigepflicht für die Aufnahme von neuen Erwerbstätigkeiten für sie ausgeweitet werden. „Außerdem muss für sie eine aktive Verfassungstreuepflicht gelten.“

© dpa-infocom, dpa:230511-99-652577/2

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