Kriminalität - Mainz:Analyse von Urteilen: Kaum mehr Gewalttaten mit Messern

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Eine Illustration zeigt eine Frau, die versucht, sich vor der Gewalt eines Mannes zu schützen (gestellte Szene). Foto: Maurizio Gambarini/dpa/Symbolbild (Foto: dpa)

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Mainz (dpa/lrs) - Die meisten schweren Gewalttaten in Rheinland-Pfalz sind Beziehungstaten in Wohnungen. Es gebe nur ganz wenig Fälle, in denen sich Täter und Opfer nicht kennen, sagte Justizminister Herbert Mertin (FDP) am Freitag in Mainz. Von 22 verurteilten Gewalttaten mit Messereinsatz spielten sich 2013 genau zehn in den eigenen vier Wänden ab. In 17 Fällen kannten sich Täter und Opfer. 2018 gab es sieben schwere Gewalttaten mit Messern mehr (29), zu gut der Hälfte (16) kam es im "häuslichen Bereich"; in 22 Fällen gab es eine Beziehung zwischen Täter und Opfer.

Das Justizministerium hat aus den beiden Jahren (2013 und 2018) die mehr als 500 rechtskräftige Urteile zu schwerer Gewaltkriminalität unter die Lupe genommen. Ziel war es festzustellen, ob - wie immer wieder behauptet - die Zahl der Fälle gestiegen ist, und ob häufiger Messer zum Einsatz kommen. Das Ergebnis: "Kein signifikanter Anstieg, die Zahlen sind in etwa gleich geblieben", sagte Mertin.

So wurden 2013 genau 260 Menschen wegen schwerer Gewaltkriminalität verurteilt, darunter 84 Ausländer. Fünf Jahre später fällten die Richter 273 Urteile, darunter gegen 85 Nicht-Deutsche.

Bei den Taten mit Messern war am häufigsten ein Küchenmesser die Waffe (2013: 11 von 22 und 2018: 14 von 29). Außerdem griffen die Täter auch zu Flaschen, Biergläsern, Teleskopschlagstöcken, Pfefferspray, Schusswaffen, Schreckschusspistolen und ein Aschenbecher zum Einsatz. "Alles was irgendwie greifbar ist", sagte Mertin.

Wegen der Drohung mit einem Messer wurden 2013 elf Menschen verurteilt. Das war einer mehr als 2018.

Es seien bewusst zwei Jahre vor 2015 und zwei Jahre danach für den Vergleich ausgewählt worden, sagte der Minister. 2015 waren besonders viele Flüchtlinge nach Deutschland gekommen, und es sei seither oft über Messerangriffe berichtet worden. Diesem Eindruck und der Frage nach Handlungsbedarf des Gesetzgebers habe Rheinland-Pfalz valide Zahlen entgegensetzen wollen.

Untersucht worden waren Urteile zu Mord, Totschlag, Vergewaltigung sowie gefährliche und schwere Körperverletzung, Diebstahl mit Waffen und Raub. Erst seit Jahresanfang werden Messerangriffe auch in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) als gesonderte Kategorie erfasst.

Das Waffengesetz regle das Mitführen von Messern im öffentlichen Raum bereits detailliert, sagte Mertin. So dürften zu öffentlichen Vergnügungen, Volksfesten, Sportveranstaltungen, Messen, Ausstellungen, Märkten und ähnlichen öffentlichen Veranstaltungen wie dem Rosenmontagszug gar keine Waffen, auch keine kleinen Messer mitgenommen werden. Sinnvoll könne aber sein, dass Menschen, die einmal rechtskräftig wegen einer schweren Gewalttat verurteilt wurden, nach ihrer Freilassung in der Öffentlichkeit keine Messer bei sich führen dürften.

Der Fraktionsvorsitzende der AfD-Landtagsfraktion, Uwe Junge, warf dem Minister "einen untauglichen Versuch dar, das Gesamtphänomen der Messerkriminalität zu verschleiern". Bedrohungen, einfache Körperverletzung und Sexualdelikte würden nicht berücksichtigt, daher sei die Erhebung nicht repräsentativ. "Durch seine selektive Betrachtung des Gesamtphänomens der Messerkriminalität vermittelt Justizminister Mertin ein falsches Bild der inneren Sicherheit, das nur durch die Aufnahme des Tatmittels Messer in die PKS und durch Dunkelfeldstudien richtig gestellt werden kann."

Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Marc Ruland, sagte dagegen: "Anders als von mancher Seite behauptet, ist aus den erhobenen Zahlen nicht ablesbar, dass bei Gewaltdelikten mit Messern ein Zusammenhang zu Migration besteht." Mit der Behauptung der "Fake News" würden bewusst ohne Not Ängste geschürt und Ressentiments befeuert.

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