Stuxnet:Codename "Nitro Zeus": Vom Plan, Iran komplett lahmzulegen

  • Die USA sollen einen weitreichenden digitalen Angriff auf Iran vorbereitet haben, berichten ein Dokumentarfilm und mehrere Medien.
  • Ihre Geheimdienste wollten demnach Stromversorgung, Telekommunikation und andere wichtige Netze in Iran ausschalten, also auch zivile Infrastruktur.

Von Jessica Binsch, Berlin

Es muss die iranischen Ingenieure wahnsinnig gemacht haben. Ihre Zentrifugen liefen heiß, mannshohe Metallröhren zur Anreicherung von Uran in der Atomanlage bei Natans. Die empfindlichen Maschinen fielen zu Hunderten aus, dabei zeigten die Kontrollsysteme normale Werte an. Stuxnet hatte zugeschlagen. Doch es hätte Iran noch viel härter treffen können.

Stuxnet, so heißt das Computervirus hinter der Sabotage des iranischen Atomprogramms. Nach Meinung von Fachleuten haben es die USA und Israel programmiert. 2010 wurde Stuxnet entdeckt. Es war das erste Mal, dass eine staatliche digitale Waffe aufgetaucht war, die gezielt Schaden in der physischen Welt anrichten konnte. Von Staaten gesteuerte digitale Angriffe waren keine Idee aus einem Science-Fiction-Roman mehr, sondern Realität.

Das Virus in Natans könnte allerdings nur ein kleiner Teil eines viel umfassenderen Plans gewesen sein. Die USA hätten Stromversorgung, Kommunikationsnetze und weitere zentrale Infrastruktur in Iran lahmlegen können, behauptet der Dokumentarfilm "Zero Days", der diese Woche auf der Berlinale erstmals gezeigt wurde. Die New York Times konnte nach eigenen Angaben die Aussagen des Filmes bestätigen, auch die Webseite Buzzfeed kommt anhand eigener Recherchen zum selben Ergebnis.

Wäre ein Angriff dieser Art erfolgreich gewesen, hätte er weitreichende Folgen auch für Irans Zivilbevölkerung gehabt. Der Plan mit dem Codenamen "Nitro Zeus" bestätigt Horrorszenarien, vor denen Experten seit Jahren warnen. Nun zeigt sich: Eine digitaler Attacke auf die Lebensadern eines Landes ist nicht nur möglich, sondern wurde offenbar detailliert geplant und vorbereitet. Sogar der ehemalige NSA-Chef Michael Hayden gibt im Film zu, dass der US-Plan, wenn er umgesetzt worden wäre, ein Angriff auf die zivile Infrastruktur eines Landes gewesen wäre. Eines Landes, mit dem sich die USA offiziell nicht im Krieg befinden.

"Zero Day" nennen IT-Fachleute eine Sicherheitslücke, die gerade erst entdeckt wurde und gegen die es noch keinen Schutz gibt. Stuxnet nutzte gleich vier solcher bis dahin unbekannten Schwachstellen aus. Das kommt äußerst selten vor und deutet auf einen Angreifer mit viel Geld und Wissen hin.

"Nitro Zeus war der Plan für einen allumfassenden Cyberkrieg", so beschreibt der Film "Zero Days" die Aussagen von Mitarbeitern der NSA und CIA. Die meisten Geheimdienstmitarbeiter wollten nicht selbst vor die Kamera treten. Regisseur Alex Gibney muss sich daher anders behelfen: Er fasst die Aussagen seiner anonymen Quellen zusammen und lässt sie von einer Kunstfigur vortragen. Die Beteiligten haben offenbar zu viel Angst, öffentlich zu sprechen.

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