Smartphone-Spiel "Sea Hero Quest":Zocken für die Alzheimerforschung

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Das Smartphone-Spiel "Sea Hero Quest" soll Wissenschaftler bei der Alzheimer-Forschung unterstützen. (Foto: Telekom / PR)

Es ist beinahe unmöglich, Demenz frühzeitig zu erkennen. Ein Handy-Spiel der Telekom soll das ändern - und sammelt dafür die Daten von 100 000 Spielern.

Von Mirjam Hauck, Berlin

In welchem Regal steht im Supermarkt nochmal der Orangensaft und wo befindet sich in meiner Drei-Zimmer-Wohnung die Toilette? Über solche Fragen denkt man normalerweise nicht nach. Als gesunder Mensch funktioniert das Erinnerungsvermögen einigermaßen und auch die räumliche Orientierung lässt einem zumindest in einer bekannten Umgebung selten im Stich.

Anders bei Menschen mit Demenz. Ihnen fällt es schwer, sich Erlebnisse und Vergangenes zu merken und sich in Alltagssituationen zurechtzufinden. Demenz raubt den Menschen die Fähigkeit, Erinnerungen zu teilen. Das führt zu Isolation, Desorientierung und einer Abkoppelung von der Außenwelt. Laut "Global Alzheimer Report 2015" leben derzeit weltweit mehr als 47 Millionen Menschen mit dieser Krankheit. Bis 2050 soll die Zahl auf 135 Millionen steigen.

In der Forschung wird viel versucht, um den Erkrankten zu helfen, zum Beispiel mit neuartigen Medikamenten. Einen anderen Weg probiert jetzt die Deutsche Telekom, indem Sie Nutzerdaten für die Demenzforschung sammelt - auf eher spielerische Weise. Zusammen mit Wissenschaftlern des University College London, der Universität von East Anglia, der gemeinnützigen Organisation Alzheimer`s Research und dem Spieleentwickler Glitchers hat sie das Handyspiel "Sea Hero Quest" entwickelt.

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Spiel soll Daten über räumliche Orientierung sammeln

Der Spieler muss sich dabei beispielsweise Landkarten und seine Startposition einprägen, von Insel zu Insel schwimmen und Eisbergen ausweichen oder ab und an eine Leuchtrakete abschießen. Das Spiel hat 76 Level und lässt sich relativ simpel mit wenigen Fingern steuern. Von Level zu Level wird das Spiel schwieriger.

"Sea Hero Quest" ist allerdings kein Trainingsspiel, um räumliche Fähigkeiten zu testen oder gar einer Demenzerkrankung vorzubeugen. Auch ist es nicht dazu gedacht, um die Krankheit möglichst frühzeitig zu diagnostizieren. "Es geht auch nicht darum, den Prototyp des besten Users zu finden", sagt Professor Stephan Brandt, stellvertretender Direktor an der Klinik für Neurologie der Charité in Berlin, der die Telekom bei diesem Projekt wissenschaftlich berät. Vielmehr sei das Spiel dafür gedacht, möglichst viele sogenannte Normdaten zu sammeln, also möglichst viele Informationen darüber, wie sich alte und junge Menschen, Stadt- und Landbewohner, Frauen und Männer räumlich orientieren.

Bislang gibt es in der Forschung dazu nur kleine Stichproben mit wenigen Hundert Probanden. Mit "Sea Hero Quest" sollen 100 000 Testpersonen in zwei Jahren deutlich mehr Daten generieren. Auf Grundlage dieser Daten sollen später Tests für eine frühzeitige Demenzdiagnose erstellt werden können.

Die anonymisierten Daten gehören der Telekom

Spielen für die Demenzforschung kann jeder ab 18 Jahren. Das Spiel gibt es kostenlos im Google- und Apple-Appstores. In-App-Käufe gibt es nicht. Die Spiel-Daten werden laut Telekom nicht mit persönlichen Nutzerdaten wie Namen oder Handynummer verknüpft und persönliche Angabe wie Geschlecht und Alter werden nur anonymisiert in einem Rechenzentrum gespeichert. Die Daten gehören der Telekom, auswerten darf sie das University College London. Weitere Wissenschaftler sollen Zugang dazu beantragen können.

Für Max Scott-Slade vom britischen Spieleentwickler Glitchers steht neben der guten Tat, also dem Dienst an der Forschung, der Spaß am Spiel im Mittelpunkt. "Ein gutes Spiel muss für sich allein stehen können. Aber umso besser, wenn man dabei noch anderen Menschen helfen kann."

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