Konkurrenz im Netz:Kampf der IT-Giganten

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Die vier größten IT-Firmen der Welt, Apple, Google, Facebook und Microsoft, können auf ihren Spezialgebieten nicht mehr wachsen - sondern nur noch im Kerngeschäft der Konkurrenz. Also quälen sie sich gegenseitig.

Bernd Graff

Vielleicht muss man für die Antagonisten dieser großen Schlachten, die gerade um die Vormachtstellung im Internet und bei mobilen Digitaldiensten ausgetragen werden, einen neuen Begriff einführen: Freinde. Eine Zusammensetzung aus Freunden und Feinden. Denn das sind sie tatsächlich: schärfste Konkurrenten um die Dominanz auf den einzelnen Schlachtfeldern. Aber auch Freunde, wenn es darum geht, eine der immer neuen Initiativen von Opponenten zu verhindern. Man toleriert sich, wenn es passt. Wenn nicht, wird gekämpft.

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Sie - das sind drei, eigentlich vier - amerikanische IT-Firmen, die geraume Zeit damit zubrachten, ihre dezidierten Kernbereiche auszubauen und ihre Feldhoheit auf dem jeweiligen Gebiet vor der unmittelbaren Konkurrenz zu verteidigen. Am Anfang hatten sie noch nichts mit- oder gegeneinander. Die entscheidenden Siege scheinen ihnen in ihren jeweiligen Domänen jeweils gelungen zu sein. Und nun gehen sie mit all ihrer Macht aufeinander los. Die vier Firmen sind: Apple, Google, Facebook und, ja, immer noch, Microsoft.

Apple war bis zur Jahrtausendwende ein Anbieter von sehr, sehr schönen Computern - und eine Nischengröße im Hardware-Verkauf. Dann annoncierte Apple den iPod und iTunes, jenes Programm, das nicht nur das Abspielen von Musik ermöglicht, sondern auch dazu einlädt, in Apples Musikladen Songs und Alben einzukaufen. Beides, iPod und iTunes, waren durchschlagende Erfolge, die dem Konzern aus dem kalifornischen Cupertino Geld, Ansehen und dazu noch einen Boom im Hardwaregeschäft mit PCs und Notebooks verschafften. Dann kam das iPhone, ebenfalls ein durchschlagender kommerzieller Erfolg, und Apple war plötzlich auch noch im Telefoniegeschäft.

Wilderer in fremden Revieren

Google, einst nur eine Suchmaschine, verdiente sehr gut damit, die Suchmaschine zu sein, die mit intelligent eingespielter Werbung Geld an der Suche seiner Nutzer verdient. Nach und nach expandierte aber auch Google in artfremde Metiers: Man flanschte immer weitere Webdienste an den Ursprungsservice Suche an. Einen E-Mail-Dienst zum Beispiel, eine Bildsuche, den Landkartendienst "Google Maps", dazu Übersetzungsdienste für Webseiten, Blogger-Dienste. Buch-Volltext-Suchen, Kalender- und - gegen Microsoft gerichtet - eigene Office-Programme. Last not least übernahm Google Teile des marktdominierenden Videoportals YouTube. Google aber will auch heute immer noch mehr - und bietet inzwischen, wie Apple, ein eigenes Smartphone an: das Nexus One mit dem Google-eigenen Betriebssystem Android. Hier also prallen ein ehemaliger Nur-Computerbauer und ein ehemaliger Nur-Suchmaschinenbetreiber als unmittelbare Konkurrenten aufeinander. Die Börsennotierung der Unternehmen will es so.

Facebook, einst nur eine Erinnerungsseite für Harvard-Absolventen, entwickelte sich nach seiner Öffnung für jedermann zu der Social-Network-Seite der westlichen Hemisphäre. Auch Facebook expandiert mit angeflanschten Diensten: Man kann nahezu jedweden Digitalkram auf Facebook-Seiten integrieren, um "mit den Menschen in deinem Leben in Verbindung zu treten und Inhalte mit diesen zu teilen". (Facebook-Motto) Neuester Coup ist "Places", eine Art Lokalisierungsdienst, der den Chefs von Google Maps nicht behagen dürfte. Dafür klappt hier die Kooperation mit (Googles) YouTube prima. Das gilt auch für Apples iPhone und YouTube.

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Microsoft schließlich, der Platzhirsch bei Büro-Anwendungen, scheint bei den neuen Webservices abgeschlagen zu sein. Auch sein iPod-Konkurrent Zune war nahezu chancenlos. Sein YouTube-Herausforderer Soapbox wurde eingestellt. Und die Microsoft-Suchmaschine Bing kämpft sich von Ferne an Google heran. Dennoch ist die von Bill Gates gegründete Firma nie zu unterschätzen. Sie reüssiert mit Mobile-Versionen der Standardprodukte in der schönen neuen Smartphonewelt. Inzwischen offeriert sie mit Docs.com einen unmittelbar an Facebook geknüpften Dienst, über den im Web Office-Dokumente erstellt werden können. Google hat wohl auch deshalb gegen Microsoft ein Betriebssystem mit Namen Chrome angekündigt, das Windows Konkurrenz machen soll.

Kampf um das mobile Netz

Alle vier Firmen schicken sich also an, zu sogenannten Infrastrukturseiten des Netzes zu werden. Sie wollen, dass ihre Nutzer den jeweiligen Firmen-Orbit gar nicht mehr verlassen, wenn sie das Internet für egal was nutzen. Und zunehmend tun jene das nicht mehr nur über PCs und Notebooks, sondern über mobile Geräte. Deswegen sind natürlich auch dort alle vier Kontrahenten längst vertreten.

Die neuesten Affronts: Apple eröffnete vor einigen Tagen mit "Ping" ein soziales Netzwerk für die iTunes-Gemeinde. Man will zum Austausch über Musik anregen. Ein Stich gegen Facebook. Ausgestattet wurde der Dienst mit der bequemen Möglichkeit, von "Ping" aus die Facebook-Freunde zu kontaktieren. Facebook hat diese Direktverbindung bereits kappen lassen. Googles neueste Ankündigung wiederum piekt Apple: Goggle wolle nun ebenfalls ins Musikgeschäft einsteigen und spreche bereits mit Musik-Labels über Pläne für einen Download-Store. Ein direkter Hieb auf Apples iTunes. Man ist sich eben derzeit "spinnefreind" im Netz.

© SZ vom 28.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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