Hetze im Netz:Millionen-Strafen für Hassbotschaften

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Justizminister Maas will Internetkonzerne zwingen, strafbare Inhalte innerhalb von 24 Stunden zu löschen. Andernfalls sieht der Gesetzentwurf eine erhebliches Bußgeld vor.

Von Nico Fried, Berlin

Justizminister Heiko Maas (SPD) will mit der Androhung von hohen Geldstrafen gegen Hasskriminalität und strafbare Falschnachrichten (Fake News) im Internet vorgehen. Verantwortliche Mitarbeiter von sozialen Netzwerken, die strafbare Inhalte nicht binnen einer vorgegebenen Frist löschen, sollen mit Bußgeldern in Höhe von bis zu fünf Millionen Euro belangt werden können. Den Betreiberfirmen selbst würden laut einem Gesetzentwurf, den Maas am Dienstag vorstellte, Strafen bis zu 50 Millionen Euro angedroht. Der Minister reagiert damit auf aus seiner Sicht unzureichende Bemühungen insbesondere von Twitter und Facebook, strafbare Inhalte von sich aus schnell zu löschen. Der Kurznachrichtendienst Twitter beseitigt nach einer aktuellen Studie der Organisation Jugendschutz.net, auf die sich Maas beruft, lediglich ein Prozent der von Nutzern gemeldeten strafbaren Inhalte, Facebook immerhin 39 Prozent. Als positives Beispiel nannte Maas das Unternehmen Google, das auf seiner Video-Plattform Youtube 90 Prozent der strafbaren Inhalte lösche.

Der Gesetzentwurf geht jetzt in die Ressortabstimmung innerhalb der Bundesregierung. Laut Maas besteht trotz der nahenden Bundestagswahl formal die Möglichkeit, dass ein entsprechendes Gesetz noch in dieser Legislaturperiode in Kraft tritt. Das Tempo des Gesetzgebungsverfahrens obliege jedoch dem Parlament. Sinn der Neuregelung sei es vor allem, für Opfer von Hasskriminalität die Durchsetzung ihres Rechts zu verbessern, sagte der Justizminister.

Der Entwurf sieht vor, dass Firmen ein einfaches Verfahren zur Übermittlung von Beschwerden anbieten und diese auf strafrechtliche Relevanz prüfen müssen. Offensichtlich strafbare Inhalte - Maas nannte als Beispiel den Satz: "Alle Juden ins KZ" - müssten innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde, andere strafbare Inhalte binnen sieben Tagen gelöscht oder gesperrt werden. Die Betreiber sollen verpflichtet werden, alle drei Monate über ihren Umgang mit Beschwerden zu berichten. Zuwiderhandlungen würden als Ordnungswidrigkeit gewertet und zögen Geldstrafen nach sich. Alle Betreiber von sozialen Netzwerken, auch solche mit Sitz im Ausland, sollen verpflichtet werden, für die juristischen Verfahren einen verantwortlichen Ansprechpartner in Deutschland zu benennen.

Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping sagte, der Ansatz, Firmen ein Bußgeld aufzuerlegen, gehe in die richtige Richtung. Die gesellschaftliche Prävention müsse aber früher einsetzen. Der Grünen-Rechtsexperte Konstantin von Notz äußerte die Befürchtung, der Entwurf werde nicht umgesetzt, nachdem sich Maas' Parteifreundin und Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries jüngst gegen gesetzliche Regelungen ausgesprochen hatte. Unterstützung bekam Maas vom Zentralrat der Juden: Eine strafrechtliche Sanktionierung von Volksverhetzung, Verherrlichung des Nationalsozialismus sowie Holocaustleugnung in den sozialen Medien sei dringend erforderlich. Facebook kündigte an, den Gesetzentwurf zu prüfen. Man arbeite hart daran, "solche Inhalte von unserer Plattform zu entfernen".

© SZ vom 15.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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