Handy-Programme für unterwegs:Mit der App auf Reise

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Mini-Programme auf dem Handy können die Neigung des Skihangs ausmessen, das Trinkgeld ausrechnen oder als Wörterbuch fungieren. Doch nicht alle Anwendungen sind nützlich.

Hans Gasser

Wie steil ist dieser Hang? Eine Frage, die sich Skitourengeher öfter stellen. Man könnte den Neigungsgrad mit zwei Skistöcken bestimmen. Man kann aber auch auf seinem Smartphone, einem Handy mit Internetfunktion und GPS, das kleine Programm "White Risk Mobile" anklicken, konzipiert vom Schweizer Institut für Lawinenforschung (SLF) und der Versicherung Suva.

Für Multimedia-Handys wie das iPhone gibt es inzwischen zahlreiche Reise-Apps (Foto: Screenshot: Apple.com)

Darin gibt es ein Tool zur Neigungsmessung. Man hält das Gerät an einen Ski, der in den Hang gelegt wurde und erhält so das Ergebnis. 36 Grad? Umdrehen! Denn White Risk Mobile meldet außerdem Lawinenwarnstufe 3.

Aber man kann mit dem kleinen Programm, der sogenannten App (für Applikation), noch viel mehr: kurze Filme mit Basisinformationen zu Schneebrettern anschauen etwa, oder wichtige Merksätze zur Einschätzung der Gefahr abrufen.

Via GPS-Satellitenfunktion kann sich der Skifahrer seine Position auf einer Karte anzeigen lassen, und das Gerät liefert ihm die Wind- und Schneedaten der nächstgelegenen Messstationen der vergangenen Tage in Form einer übersichtlichen Grafik. Dieser spezielle SLF-Dienst kostet zehn Euro pro Jahr, die anderen Informationen sind kostenlos, abgesehen von der Telefon- oder Internetverbindung, die man dafür braucht.

Trinkgeldrechner oder Audio-Wörterbuch

Touristische Anwendungen für Internet- und GPS-fähige Smartphones gibt es Tausende - und jeden Tag kommen welche dazu. Denn die kleinen Programme können von jedermann geschrieben und online zum Beispiel über den "App-Store" von Apple vertrieben werden.

Manche kosten ein paar Euro, andere sind gratis. Programmierer und das Unternehmen, das die Download-Plattform zur Verfügung stellt, teilen sich die Einnahmen. Das iPhone ist laut Apple mit 100.000 Apps und bisher drei Milliarden Downloads Marktführer. Doch Nokia, Google oder Motorola holen auf und bieten zunehmend eigene Apps an.

Ob es die Fahrplanauskunft für die Bahn ist, ob man einen Taxistand finden, in Österreich schnell die Schneehöhen eines Skigebiets abrufen möchte oder ein akustisches Wörterbuch für Mandarin braucht - alles scheint möglich zu sein. Sogar einen Trinkgeldrechner, den "Tipulator", kann man sich auf sein Gerät laden, wenn man schlecht im Prozentrechnen ist. Allerdings gibt er dem Nutzer nicht den im jeweiligen Land üblichen Trinkgeld-Prozentsatz an, den muss man - noch - selber erfragen und eingeben.

Vieles ist Spielerei, nur wenig hat wirklich Mehrwert, wie etwa die Lawinenanwendung. "Der große Vorteil von dieser App ist, dass man mit wenigen Klicks die wichtigsten Informationen abrufen kann und diese dann automatisch gespeichert werden", sagt Christoph Suter vom SLF.

Er hat das Programm zunächst für das iPhone entwickelt, im Februar soll aber auch eine Version für das Betriebssystem Android kommen, mit dem unter anderem Nokia-, Motorola- und auch Google-Smartphones funktionieren. "So kann man im Gelände, auch wenn man kein Netz hat, den Lawinenlagebericht nochmal anschauen."

Im touristischen Bereich hängt der Nutzen von Apps an der möglichst sinnvollen Verknüpfung von satellitengestützter Positionsbestimmung mit Informationen zu Sehenswürdigkeiten, Restaurants oder Fahrplänen. Das Gerät erkennt, wo es sich befindet, und stellt dem Nutzer die gewünschten Informationen zur Verfügung. Weil manche Geräte eine Kompassfunktion haben, wissen sie sogar, wie man steht, und können den Nutzer so zu einem Ziel lotsen.

Skigebiete-App: Viel Werbung

Tourismusorte stellen zunehmend eigene Gratis-Apps zur Verfügung, um ihre Gäste, die sich immer spontaner für einen Kurzurlaub entscheiden, aktuell und natürlich auch eher werblich zu informieren. So gibt es eine App mit dem Namen "iSki Austria". Damit kann man auf der Fahrt durch die Alpen Skigebiete in seiner Nähe finden, eines auswählen und Informationen abfragen. Der Kommentar eines Nutzers im App-Store: "Keine Liftpreise, keine Öffnungszeiten, wenig Life-Cams - es überwiegt das Werbliche."

Samnaun stellt seit Ende Dezember eine eigene App für das iPhone zur Verfügung: Webcams, Panoramakarte, Temperaturen, Routenplaner und Buchungsmöglichkeiten sind hier für den kleinen Smartphone-Bildschirm optimiert. "Man hat auf einen Blick alle relevanten Informationen und muss sich nicht mühsam durch Internetseiten scrollen", sagt Christoph Kunz, Tourismusdirektor von Samnaun, "irgendwann gehören solche aufbereiteten Inhalte für Smartphones bestimmt zum Standard."

Damit rechnet auch die österreichische Firma Mobilicy. Mit ihrem Browser "Wikitude" verknüpft sie die Inhalte von Wikipedia mit dem Standort des Betrachters. Das Prinzip: Richtet man sein Gerät beispielsweise auf Schloss Schönbrunn, sodass es auf dem Bildschirm erscheint, erhält man eine Kurzinformation zu Baustil, Bauzeit und Bedeutung der Sehenswürdigkeit. Tippt man diese an, so ist der gesamte Wikipedia-Inhalt abrufbar.

Schlechte Kritiken für den Lonely Planet

Für die Reiseführer-Reihe "Lonely Planet" hat Mobilicy zehn Guidebücher für mobile Geräte erstellt. So kann man die "Lonely Planet"-Empfehlungen zu Bars, Hostels oder Galerien in der Nähe des eigenen Standorts etwa in New York oder San Francisco abrufen. Die Bewertung eines 12,90 Euro teuren digitalen Istanbul-"Lonely Planet" fällt aber nicht gerade positiv aus: Er sei "überteuert und voller dubioser Tipps", schreibt ein Nutzer im App-Store. Im empfohlenen "Chill-out-Hostel" habe er Silberfischchen vorgefunden, auch die GPS-Ortung funktioniere nur "mäßig".

Dass der gute alte Reiseführer in Buchform wegen der Apps bald ausgedient hat, ist nicht abzusehen. Denn wegen der hohen Daten-Roaminggebühren im Ausland schalten viele ihr Smartphone im Urlaub erst gar nicht an und vertrauen weiter auf ihre eigene Fähigkeit, Karten lesen zu können.

© SZ vom 14.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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