Lehmen:Viele Kinder können gerade nicht schwimmen lernen

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Ein Mitglied der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) am Rheinufer. (Foto: Uwe Anspach/dpa)

Die Corona-Pandemie verschärft nach Ansicht der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) das Problem, dass viele Kinder in Rheinland-Pfalz nicht schwimmen...

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Mainz (dpa/lrs) - Die Corona-Pandemie verschärft nach Ansicht der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) das Problem, dass viele Kinder in Rheinland-Pfalz nicht schwimmen können. In der Krise seien zahlreiche Kurse ausgefallen, Schulen konnten keinen Unterricht anbieten, sagte der Sprecher der DLRG Rheinland-Pfalz, Marco Vogt. Mit der Wiedereröffnung der Schwimmbäder liefen die Kurse nun landesweit langsam wieder an. Es gebe aber nicht genug Bäder, um die Kurse nachzuholen, kritisierte Vogt. Und: Die Wartezeiten seien lang.

„Das Bädersterben ist das eigentliche große Problem“, sagte Vogt. Jedes Jahr würden bundesweit 80 Bäder schließen. Und die Lage werde sich mit der Corona-Krise und den massiven finanzielle Einbußen für die Kommunen voraussichtlich verschlimmern. In Rheinland-Pfalz gibt es nach Angaben des Innenministeriums 270 Schwimmbäder. Seit dem Jahr 2000 hätten landesweit insgesamt 43 Bäder dauerhaft geschlossen.

„Jedes Kind, das nicht schwimmen kann, ist eine Gefährdung für sich selber, wenn es in eine Situation kommt, in der es des Schwimmens bedarf“, sagte Vogt. Einer Umfrage zufolge, die die DLRG im Jahr 2017 in Auftrag gegeben hatte, sind rund 60 Prozent der Zehnjährigen keine sicheren Schwimmer. „In dieser Hinsicht sind wir ein Entwicklungsland.“ Die Zahl werde in 2020 wegen Corona vermutlich noch steigen. „Wir hoffen inständig, dass nach der Urlaubszeit keine zweite Corona-Welle auf uns zurollt“, sagte er.

Die DLRG befürchtet, dass es in diesem Jahr eine höhere Zahl an Badeunfällen geben könnte. Zum einen, weil viele nicht verreisten und Gewässer in der Natur aufsuchten. Zum anderen würden vermehrt private Swimming-Pools gekauft und in Gärten aufgestellt. Man sei sich des Risikos nicht immer bewusst: Aber schon in kleinen Becken könnten Kinder ertrinken. „Sie rufen nicht. Ertrinken ist ein leiser Tod.“ Vogt rechnete damit, dass es 2020 dort mehr Opfer geben könnte. Das Risiko sei im Vergleich zu den Vorjahren deutlich erhöht.

Der geschäftsführende Direktor des Städtetags Rheinland-Pfalz, Fabian Kirsch, ist froh, dass trotz der Corona-Regeln so viele Schwimmbäder geöffnet haben, weil dies den Druck vom gefährlichen Wildbaden nehme. „Die Kommunen haben gezeigt, dass sie auch in schweren Zeiten bereit sind noch höhere Defizite für ihre Bäder zu akzeptieren“, sagte Kirsch. Sie hätten die verminderte Zahl von Badegästen nicht als Vorwand genutzt, um ihre Bäder zu schließen. Sie stemmten sich vielmehr mit aller Kraft dagegen, Bäder schließen zu müssen.

Grundsätzlich sei es wichtig, die Kommunen finanziell so auszustatten, dass sie selbst entscheiden könnten, ob ein Bad für sie wichtig sei oder eher eine Sporthalle oder etwas anderes. Die Freibäder in Rheinland-Pfalz durften nach wochenlanger Zwangspause wegen Corona Ende Mai wieder öffnen. Es gelten dort weiterhin Hygiene- und Abstandsregeln. Manche Kommunen haben ihre Freibäder dieses Jahr aber nicht mehr aufgeschlossen: Es lohnt sich finanziell nicht.

Unfälle an Badegewässern habe es in diesem Jahr bereits gegeben. „Es sind auch schon Tote zu beklagen“, sagte Vogt. Mitte Juli war ein 23-Jähriger beim Baden im Rhein nahe Worms-Rheindürkheim ertrunken. Im Juni waren ein fünfjähriger Junge und seine Mutter beim Baden am Rhein im hessischen Trebur gestorben. Die DLRG warnt immer wieder vor dem Baden in Fließgewässern wie dem Rhein oder der Mosel.

Badestellen könnten von den Lebensrettern derzeit nicht durchgängig bewacht werden, weil pandemiebedingt weniger Einsatzkräfte verfügbar seien, sagte Vogt. 2019 hatte es in Rheinland-Pfalz neun Badetote gegeben, im Hitzejahr 2018 waren noch 22 Menschen in Seen, Flüssen, Bächen, Kanälen und Bädern ums Leben gekommen.

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