Halle (dpa/sa) - Zum Start der ersten Stunde Jüdischen Religionsunterrichts in Sachsen-Anhalt hat Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) die Bedeutung des Modellversuches hervorgehoben. Es sei „ganz, ganz wichtig“, den Kindern die Möglichkeit zu geben, sich auch mit dieser Religion auseinanderzusetzen, sagte Haseloff am Dienstag mit bewusst einfachen Worten zu den elf anwesenden Erst- und Zweitklässlern einer Grundschule in Halle. In der Stadt war die jüdische Gemeinde vor gut zwei Jahren einem antisemitischen Anschlag nur knapp entgangen.
Es gebe in unserer Gesellschaft Unterschiede in der Herkunft und in der Religion, sagte Haseloff. Man müsse gut miteinander auskommen, aber man müsse auch „voneinander wissen“. Das Judentum habe weite Teile der Gesellschaft geprägt. Noch heute lebten viele Menschen nach den „Weisheiten“, die in der Tora, der heiligen Schrift der Juden, niedergeschrieben seien.
In Nordrhein-Westfalen gebe es bereits einen solchen Unterricht, sagte Bildungsministerin Eva Feußner (CDU). Inwiefern das Angebot ausgeweitet werden soll, hänge nun von der Nachfrage ab. Aber es werde sich vornehmlich auf die großen Städte in Sachsen-Anhalt konzentrieren.
„Wir brauchen vor allen Dingen auch Lehrkräfte“, sagte Feußner. Das sei alles andere als ein Selbstläufer. Die Lehrerin in Halle sei die Ehefrau des Rabbiners der jüdischen Gemeinde und unterrichte die Kinder einmal wöchentlich für 60 Minuten. „Das ist auch versetzungsrelevant“, betonte die Ministerin. „Das ist somit wie bei anderen Religions- oder Ethikfächern.“
Die unterrichteten Kinder der 14-köpfigen Klasse seien wohl zum Großteil konfessionslos, erklärte die Ministerin. Drei Kinder seien jüdischen Glaubens. Am Unterricht könnten bislang nur Erst- und Zweitklässler teilnehmen.
Dass es in Halle die erste jüdische Religionsklasse in Sachsen-Anhalt gibt, habe auch mit dem starken Engagement der Jüdischen Gemeinde dort zu tun, sagte die Ministerin. Deren Vorsitzender Max Privorozki sagte nach dem Besuch der Unterrichtsstunde an der Johannesschule, er sei überglücklich. „Das bedeutet, dass die jüdische Religionsgemeinschaft mit den zwei großen Kirchen gleichgestellt ist - trotzdem wir deutlich kleiner sind.“ Es gebe neben katholischen und evangelischen nun auch jüdischen Religionsunterricht.
Am 9. Oktober 2019 hatte ein schwerbewaffneter Terrorist versucht, am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur in die Synagoge in Halle einzudringen und ein Massaker anzurichten. Er gelangte jedoch nicht in das Gotteshaus. Er erschoss dann zwei Menschen in der Stadt.
© dpa-infocom, dpa:211012-99-570290/3