Einhörner, Fußbälle, Piraten, Delfine, Astronauten und Blumen reihen sich auf verschiedenen Ranzendeckeln aneinander: Das breite Angebot an knallbunten Schultaschen kann einen im Laden überwältigen. Das richtige Modell zu finden, ist gar nicht so einfach.
Abgesehen von optischen Kriterien: Ob der Ranzen zum Rücken des Kindes passt, probiert man am besten direkt vor Ort. Laut Stiftung Warentest ist darauf zu achten, dass der Ranzen nicht über die Schultern hinausragt und ob das Kind auch mit dem Kopf genug Bewegungsfreiheit hat, wenn es den Ranzen trägt.
In Mode gekommen sind rollende Schultaschen, die schon Grundschüler, Businessmenschen gleich, hinter sich herziehen. Orthopäde und Wirbelsäulenexperte Reinhard Schneiderhan rät davon ab: Auf dem Rücken sei das Gewicht des Ranzens verteilt, während das Kind bei einem Rollkoffer das gesamte Gewicht an einem Arm hinter sich herziehe. "Ein Ranzen muss bis zu einem gewissen Grad mitwachsen können", sagt Schneiderhan und empfiehlt deshalb breite, verstellbare Träger für unterschiedliche Körpergrößen und Kleidung. Träger und Riemen sollten gepolstert sein.
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Schulkinder sind keine Rekruten
Während Kinder nach Motiv und Farbe der Schultaschen gehen, bevorzugen Eltern in der Regel besonders sichere und vor allem leichte Modelle. Bei der Frage, wieviel ein gefüllter Ranzen wiegen darf, gehen die Expertenmeinungen allerdings auseinander.
Als Faustregel galt lange Zeit, das Gewicht eines Ranzens dürfe höchstens ein Zehntel vom Kindergewicht ausmachen. Einige Rückenexperten vertreten das noch heute. Andere halten diesen Richtwert für überholt. Untersuchungen aus dem Saarland weisen darauf hin, dass einige Kinder sogar ein Drittel ihres Körpergewichtes tragen können, andere schon ab zwölf Prozent überfordert sind.
"Die universale Zehn-Prozent-Regel stammt noch aus dem ersten Weltkrieg", sagt auch Anke Sachtleben von Deutschen Institut für Normung (DIN). Damals ging es jedoch um Rekruten, die sich bei einem Marsch von 20 Kilometer keinen Rückenschaden zuziehen sollten. Deshalb wurde das Gewicht ihrer Tornister auf zehn Prozent des Körpergewichtes begrenzt. "Dieser Wert ist auf Kinder aber überhaupt nicht anwendbar", sagt Sachtleben. Bei der DIN-Norm 58124, die Schulranzen standardisiert, wurde das Gewicht des Ranzens deshalb nicht berücksichtigt.
Obwohl sie gleichviel kosten, wird der unsicherere Ranzen öfter gekauft
Eine viel größere Rolle räumt das DIN der Sichtbarkeit des Schulranzens ein. Um der Norm zu entsprechen, muss er zu mindestens zwanzig Prozent fluoreszierende, also bei Tag selbstleuchtende Fläche besitzen, weitere zehn Prozent müssen aus Reflektoren bestehen.
Die DIN-Norm ist allerdings für Hersteller nicht verpflichtend, sie dient lediglich als Empfehlung für einen qualitativ hochwertigen Ranzen. Bekannte Ranzenmarken haben oft zwei Ausgaben desgleichen Modells im Angebot. Der eine normgerecht, der andere nicht. Preislich unterscheiden sich die beiden kaum. Trotzdem greifen vor allem die kleinen Kunden eher zu dem weniger sichtbaren Ranzen.
"Kindern gefällt der normgerechte Ranzen oft nicht so gut", erklärt Reiner Metzger von der Stiftung Warentest diese Entscheidung. "Die fluoreszierende Flächen sind knallorange und bestimmen natürlich die Optik des Ranzens. Der Deckel ist zwar kindgerecht gestaltet, aber trotzdem wählen Kinder meistens den Ranzen aus, auf dessen Rückseite noch ein zweites Einhorn zu sehen ist."
In den letzten drei Jahrzehnten ist die Zahl der im Straßenverkehr verunglückten Kinder deutlich zurückgegangen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2016 machten Kinder zwischen 6 und 15 Jahren die meisten Fehler beim Überqueren der Fahrbahn (87,4 Prozent). Durch einen leuchtenden Ranzen schneller gesehen zu werden, kann ein zusätzlicher Schutz sein.
Vor dem Ranzenregal kann man sich also die Frage stellen, wie aufmerksam sich das eigene Kind im Straßenverkehr verhält und wie stark es ist, bevor man es einige Ranzen anprobieren lässt. Und da sind bestimmt auch schöne dabei.
Mit Material der dpa