Gütersloh:Studie: Inklusion kommt nicht voran

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Gütersloh/Stuttgart (dpa/lsw) - Beim gemeinsamen Unterricht von Schülern mit und ohne Behinderung kommt Baden-Württemberg nach einer Analyse der Bertelsmann Stiftung nicht voran. Der Anteil der Schüler an einer Förderschule sei seit 2008/09 im Südwesten im Gegensatz zum Bundesdurchschnitt sogar gestiegen - von 4,72 auf 4,92 Prozent im Schuljahr 2016/17. Das geht aus der am Montag in Gütersloh veröffentlichten Studie hervor. Die Inklusion im Land droht aus Sicht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zu scheitern. Das Kultusministerium relativierte am Montag die Ergebnisse der Studie.

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Gütersloh/Stuttgart (dpa/lsw) - Beim gemeinsamen Unterricht von Schülern mit und ohne Behinderung kommt Baden-Württemberg nach einer Analyse der Bertelsmann Stiftung nicht voran. Der Anteil der Schüler an einer Förderschule sei seit 2008/09 im Südwesten im Gegensatz zum Bundesdurchschnitt sogar gestiegen - von 4,72 auf 4,92 Prozent im Schuljahr 2016/17. Das geht aus der am Montag in Gütersloh veröffentlichten Studie hervor. Die Inklusion im Land droht aus Sicht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zu scheitern. Das Kultusministerium relativierte am Montag die Ergebnisse der Studie.

Im Bundesdurchschnitt ging der Anteil der Schüler an einer Förderschule, den Experten als Exklusionsquote bezeichnen, im selben Zeitraum von 4,92 auf 4,34 Prozent zurück. Zusammen mit Rheinland-Pfalz und Bayern gehöre Baden-Württemberg zu den drei Bundesländern mit gestiegenen Exklusionsquoten, heißt es in der Studie. „Diese drei Länder haben sich von dem in der UN-Konvention formulierten Ziel nach 2008/09 weiter entfernt.“

Deutschland ist der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2009 beigetreten. Darin verpflichten sich die Staaten, dass „Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden“.

In Baden-Württemberg gab es laut der Studie im Schuljahr 2016/2017 rund eine Million Kinder in den Jahrgangsstufen 1 bis 10. Davon hatten 75 816 Schüler einen Förderbedarf. Von ihnen wiederum besuchten 49 339 Schüler eine Förderschule und 26 477 Schüler eine allgemeine Schule. Dies entspricht einer Exklusionsquote von 4,92 Prozent und einer Inklusionsquote von 2,64 Prozent. Die Inklusionsquote beziffert den Anteil von Kindern mit Handicap an allgemeinen Schulen auf der Basis der Gesamtschülerschaft.

Bis 2015 mussten Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf grundsätzlich Sonderschulen besuchen. Seitdem können Eltern in Baden-Württemberg zwischen dem inklusiven Unterricht in einer allgemeinen Schule und einer Förderschule wählen.

Aus Sicht des Kultusministeriums hat die Exklusionsquote aber nur begrenzte Aussagekraft. „Die Quote alleine kann nicht der entscheidende Indikator für den Erfolg der Inklusion sein“, sagt eine Sprecherin am Montag. „Bei der Inklusion sollte es nicht um Quoten gehen, sondern um die Frage, an welchem Lernort die Schüler ihre Potenziale am besten entfalten können“, betonte die Sprecherin.

Eltern hätten nun eine Wahlmöglichkeit zwischen allgemeiner und sonderpädagogischer Schule. „Damit drücken die Ergebnisse des Berichts letztlich auch die Entscheidungen der Eltern aus, die es aus unserer Sicht zu respektieren gilt“, so die Sprecherin. Außerdem vernachlässige die Studie sogenannte kooperative Klassen, in denen behinderte Schüler an Regelschulen gemeinsam mit nichtbehinderten Schülern lernten.

Die Inklusion droht nach Sicht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Land zu scheitern. „Stellenstreichungen, steigende Schülerzahlen vor allem an den Grundschulen und zu wenig Studienplätze sind die Ursache für das schlechte Abschneiden von Baden-Württemberg. Die Rückmeldungen aus den Schulen zeigen, dass so die Inklusion vor dem Scheitern steht“, sagte die GEW-Landeschefin Doro Moritz am Montag.

Die Gewerkschaft bemängelt die aus ihrer Sicht zu geringe Zahl der Studienplätze in der Sonderpädagogik. Sie reiche keineswegs aus, um den künftigen Bedarf zu decken, sagte GEW-Sprecher Matthias Schneider. Das gelte sowohl für das reguläre Studium als auch für die Aufbauqualifizierung für bereits unterrichtende Lehrkräfte. „Inklusion und der langfristig zunehmende Bedarf an Sonderpädagogen sind nicht vom Himmel gefallen. Wir brauchen dringend mehr Studienplätze“, sagte Moritz.

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