Würzburg:Erst der Brückenschoppen, jetzt auch noch ein Bocksbeutel-Automat

Sommerabend auf Alter Mainbrücke

Die Alte Mainbrücke ist vor allem an Sommerabenden ein beliebter Treffpunkt in Würzburg.

(Foto: dpa)

In Würzburg wurde zuletzt oft über den Wein gestritten, der auf der Alten Mainbrücke ausgeschenkt wird. Doch der bekommt nun Konkurrenz.

Kolumne von Olaf Przybilla

Die touristische Geschichte Würzburgs kann man grob in zwei Phasen teilen. Da gab es die Phase, in der ein Tagesbesucher zwingend Balthasar Neumanns Residenz gesehen haben musste, um von sich behaupten zu können, in der Hauptstadt Unterfrankens gewesen zu sein. Und die zweite Phase, in der Touristen in ihren Unterlagen nun den Hinweis finden, man müsse ordentlich dem Brüggeschobbe zugesprochen haben, um beim Thema Savoir-vivre in Mainfranken basal mitreden zu können.

Das seit ein paar Jahren auf der Alten Mainbrücke ausgeschenkte Glas Frankenwein teilt sogar die Stadtgesellschaft in zwei Gruppen. Da gibt es diejenigen, die bezweifeln, dass es einen geeigneteren Ort unter Sonne und Sternenzelt geben kann, um sich den Segnungen alkoholhaltiger Getränke ohne Hemmungen hinzugeben: eine Brücke mit freiem Blick auf Festung, Dom und Reben - ohne gleichen. Und die andere Gruppe, die das Freiluftdauerbesäufnis schon deshalb ablehnt, weil über Stunden kein Radfahrer mehr den Main passieren kann ohne Silvanerrückstände in Auge und Haaren.

Die Stadt Würzburg versucht bislang, so gut es geht zwischen diesen kulturkämpfenden Lagern zu vermitteln. Etwa, indem sie die Wirte an der Brücke verpflichtet hat, gemeinsam einen Brückenwächter zu engagieren, der die Konsumenten im Lauf des Abends mit stoischer Freundlichkeit darauf hinweisen soll, dass sich Brückenheilige für Kletterübungen bedingt eignen und vom beseelten Sprung in den mitternächtlichen Main aus diversen Gründen abzuraten sei.

Nach allerlei Brückenfehden schien sich eine Balance allmählich abzuzeichnen, ehe jetzt der nächste Zoff dräut. Kaum zweihundert Meter von der Brücke entfernt in Richtung Dom hat ein Supermarktbetreiber einen Automaten aufgestellt, in dem man sich rund um die Uhr seinen Steinwein ziehen kann. Bocksbeutel-to-go also, 24 Stunden lang, für Freunde des edlen Frankentropfens (15 Euro) und Anhänger des halbleichten Glücks (im praktischen 3-Euro-Minibeutel).

Der Apparat hat alles für einen grundlegenden Würzburger Weltanschauungs-Zank, in dessen Kern sich meistens alles um die eine zentrale Frage dreht: Derf der des? Antwort der Stadt: vorläufig ja. Es laufen aber weitere Überprüfungen.

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