Denkmal:Franz Josef Strauß könnte bald vergessen sein

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In der Hauptstadt Albaniens gibt es einen Platz, der an einen großen bayerischen Herrscher erinnert. Es fehlt nur: das Straßenschild.

Glosse von Roman Deininger

Ein Denkmal ist eine feine Sache, es hält die Erinnerung wach an einen kleinen Erdbewohner, der längst ins Jenseits verzogen ist. Ein Denkmal ist aber auch eine verzwickte Sache, denn sobald es verfällt, erinnert es nur noch an die Vergänglichkeit allen Lebens und Wirkens, selbst wenn jener Erdbewohner die Maße eines Franz Josef Strauß hatte.

Von seiner Wolke im weiß-blauen Himmel aus verwaltet Strauß heute ein üppiges Gedenkportfolio: Münzen und Briefmarken, Straßen und Brücken, eine Kaserne und einen Flughafen - alles trägt seinen Namen, auf dass sich auch künftige Generationen an dessen Wohlklang erfreuen. Und doch hat das Vergessen, diese gnadenlose Kraft, ihr Zerstörungswerk schon begonnen, von Südosten her frisst sie sich ins Band der Erinnerung.

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Franz Josef Strauß war, wie auch künftige Generationen wissen sollten, der bedeutendste Außenminister, den die Bundesrepublik nie hatte; und als solcher war er stets im Dienst, selbst wenn er kurzbehost mit den Kindern im Geländewagen über den Balkan tourte. Zwischen der Familie Strauß und dem Erholungsziel Griechenland lag im August 1984 das kommunistische Albanien, in dem Diktator Enver Hoxha mit einigem Erfolg die Rückkehr in die Steinzeit erprobte. Die Durchfahrt der Straußens geriet zum ersten und einzigen Besuch eines westlichen Spitzenpolitikers in Hoxhas Dunkelreich.

Die nach Aufmerksamkeit dürstenden Albaner dankten Strauß 1994 posthum mit einem Platz in der Hauptstadt Tirana. Der Sheshi Jozef Shtraus, nicht ganz zentral, wartet heute mit einem Wettbüro, dem Postamt Nr. 14 und einer Wiesn-tauglichen Hendl-Braterei auf; der Schatten seiner Bäume ist bei schachspielenden Senioren und streunenden Hunden beliebt. Es fehlt nur: das Straßenschild. Das Vergessen muss es geschluckt haben, irgendwann, nachdem Strauß-Sohn Max 2014 davor für ein Foto posierte.

Nun kann man einordnend anführen, dass das Beschilderungswesen in Albanien generell nicht die ganz überragende Bedeutung hat. Dennoch muss klar sein, dass das Vermächtnis Bayerns auf dem Balkan verteidigt wird. Vielleicht kann Horst Seehofer ja ein neues Schild in Tirana vorbeibringen, wenn er eh mal in der Nähe ist (Ungarn, Russland). Die Albaner würden ihm dafür ein Denkmal bauen.

© SZ vom 18.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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