Ude kritisiert grünes Nein zu Flughafenausbau:"Züge eines Religionskriegs"

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Nach dem Aus für Rot-Grün in Berlin verstärkt OB Christian Ude den Druck auf die bayerischen Grünen, die eine dritte Startbahn ablehnen: Sie müssten sich entscheiden, ob sie eine gemeinsame Regierung aufstellen wollten - oder dies an einem "fundamentalistischen" Nein zu großen Verkehrsprojekten scheitern lassen.

Frank Müller

Der designierte SPD-Spitzenkandidat Christian Ude verstärkt nach dem Aus für Rot-Grün in Berlin den Druck auf die bayerischen Grünen. Diese müssten sich entscheiden, ob sie eine gemeinsame funktionierende Regierung aufstellen oder dies an einem "fundamentalistischen" Nein zu großen Verkehrsprojekten scheitern lassen wollten, sagte der Münchner OB.

Ude greift die Grünen wegen ihres Neins zum Flughafenausbau in München scharf an - die reagieren erbost. (Foto: dapd)

Ude machte deutlich, dass er große Parallelen zwischen den politischen Farbenspielen in München und Berlin sieht und verglich den Streit um die Berliner Autobahn A 100 mit dem um die dritte Startbahn am Münchner Flughafen. Die Ablehnung solcher Großprojekte durch die Grünen trage "Züge eines Religionskriegs", sagte Ude. Dies könne die "Regierungsfähigkeit kosten", mahnte Ude am Mittwochabend bei seinem ersten Auftritt vor der Landtagspresse im Maximilianeum seit der Ankündigung, für die SPD im Jahr 2013 als Herausforderer von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) anzutreten.

Ude griff dabei die Grünen scharf an. Sie dürften nicht "das Nein zu jedem Verkehrsausbau zum allerobersten Dogma erheben", verlangte er: "Es scheint ein Hobby der Grünen zu sein, Verkehrsprojekte fundamentalistisch abzulehnen." Der Auftrieb bei den Grünen durch gute Umfragezahlen habe offenbar "Übermut" ausgelöst. Ude machte aber auch deutlich, dass er weiter eine Koalition mit den Grünen und den Freien Wählern nach der Landtagswahl 2013 anstrebt: "Für mich ist Rot-Grün mehr als irgendeine Farbkombination, die auch möglich ist", sagte Ude, der im Münchner Rathaus seit 1993 ein rot-grünes Bündnis führt.

Gemeinsam mit den Freien Wählern hätte ein solches nach aktuellen Umfragen die Mehrheit im Landtag. Die Startbahnfrage belastet das potentielle Bündnis allerdings schon zwei Jahre vor der Wahl. Während Ude und die SPD-Spitze den Flughafenausbau wollen, sind Grüne und Freie Wähler vehement dagegen.

"Ude sollte verbal abrüsten"

Die Grünen reagierten erbost auf die Ude-Attacke: "Die Kritik von Herrn Ude ist ebenso überflüssig wie die dritte Startbahn am Münchner Flughafen", meinten die beiden Landeschefs Theresa Schopper und Dieter Janecek. "Herr Ude sollte also verbal abrüsten." Zu moderner, ökologisch und finanziell verträglicher Politik gehöre es, "Großprojekte auf ihre Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit zu prüfen".

Demonstrativ verweisen die Grünen darauf, dass auch viele SPD-Mitglieder skeptisch gegen Verkehrsprojekte eingestellt seien: "Nicht umsonst gibt es Parteitagsbeschlüsse der SPD, in denen sich die Mehrheit in Bayern gegen die dritte Startbahn und in Berlin gegen die Verlängerung der A 100 ausgesprochen hat."

Auch die Freien Wähler lassen in der Startbahnfrage nicht locker: Das Projekt habe "eine Parallele zum Transrapid-Größenwahn", sagte Landeschef Hubert Aiwanger. Die Gedankenspiele in der SPD über eine mögliche Volksbefragung zur Startbahn zeigten, "dass die SPD jetzt offensichtlich darüber nachzudenken beginnt, wie Ude aus der Falle wieder herauskommen könnte, in die er ohne Not selbst hineingeraten ist", so Aiwanger.

Er spielte damit auf Überlegungen des SPD-Landesvorsitzenden Florian Pronold an. Wie berichtet, hatte er vorgeschlagen, Volksbefragungen in Bayern einzuführen und dabei auch den Flughafen als Thema genannt: Durch eine von allen möglichen Koalitionspartnern zu akzeptierende Befragung könne der Streit aus der Welt geschafft werden.

Ude trägt dies mit, er versicherte auch, er würde das Ergebnis eines solchen Votums "selbstverständlich" akzeptieren. Die Grünen werteten die Idee gestern positiver als bislang: Landeschef Janecek sagte der Agentur dapd, die Grünen würden bald einen konkreten Vorschlag hierfür vorlegen. Die Befragung müsse vor der Landtagswahl stattfinden.

Im Gespräch mit der SZ äußerte sich Ude gestern deutlich wohlwollender über die Freien Wähler als zuvor über die Grünen. Ude stellte heraus, "dass ich mit sehr vielen Bürgermeistern der Freien Wähler seit zwei Jahrzehnten gut und vertrauensvoll zusammenarbeite".

Keinen Kontakt hatte Ude dagegen bislang mit Aiwanger selbst, er schätze ihn aber, "weil mir seine unerschrockene Haltung gegenüber der CSU imponiert". Als eine seiner ersten Aktionen nach der am heutigen Freitag anstehenden formellen Nominierung zum SPD-Kandidaten werde er Aiwanger zu einem Gespräch einladen.

Die SPD will Ude heute Vormittag mit einer ungewöhnlich repräsentativen Vorstandssitzung offiziell zum Kandidaten ausrufen. Im Münchner Literaturhaus am Salvatorplatz kommt die gesamte bayerische Parteispitze zusammen - demonstrativ ergänzt durch die komplette Landtagsfraktion und die bayerische SPD-Bundestagsgruppe.

Ude zeigte sich erfreut über viel Rückenwind für seine Kandidatur aus der Parteiführung in Berlin. Er habe in Gesprächen mit Parteichef Sigmar Gabriel, Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und dem möglichen Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück den Eindruck gewonnen, die SPD-Spitze sehe seine Kandidatur auch als Hilfe beim bundesweiten Machtwechsel, sagte Ude.

Die früheren Streitereien mit der Bundes-SPD sieht der OB als erledigt an: Ude hatte insbesondere die Finanzpolitik des damaligen SPD-Bundeskanzlers Gerhard Schröder kritisiert.

© SZ vom 07.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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