Urteil gegen Flächenfraß:Naturschützer sehen sich voll bestätigt

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Im Streit um ein neues Gewerbegebiet wirft der Verwaltungsgerichtshof der oberpfälzischen Stadt Teublitz massive Fehler vor. Der Landesbund für Vogelschutz sieht das Urteil als "wegweisend für ganz Bayern".

Von Christian Sebald, Teublitz

Aus der Sicht von Norbert Schäffer hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) dieser Tage ein wichtiges Zeichen gegen den Flächenfraß gesetzt. "Die Bedeutung des VGH-Urteils gegen das Gewerbegebiet in Teublitz ist wegweisend für ganz Bayern", sagt der Chef des Landesbunds für Vogelschutz (LBV). "Es ist eine deutliche Aufforderung an die Politik, endlich ernsthaft etwas für das Flächensparen zu tun." Zugleich erwartet Schäffer nun, dass das oberpfälzische Teublitz ein für alle Mal davon lässt, an der gleichnamigen Anschlussstelle an die A 93 einen 21 Hektar großen Wald zu roden und an seiner Stelle ein Gewerbegebiet einzurichten.

Die Pläne für das Teublitzer Gewerbegebiet sind für Naturschützer das Paradebeispiel für den ungebremsten Flächenfraß in Bayern. Die Stadt will dafür einen ökologisch hochwertigen Mischwald opfern, zu dem auch geschützte Sumpf- und Moorflächen mit seltenen Arten wie der Waldschnepfe und der Zauneidechse gehören. Der LBV, die Grünen und der Bund Naturschutz werfen dem Teublitzer Bürgermeister Thomas Beer (CSU) und dem Stadtrat vor, das Projekt voranzutreiben, obwohl in der Region zahlreiche andere Gewerbeflächen zur Verfügung stünden. Als die Stadt keine Einsicht zeigte, klagte der LBV dagegen.

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Tatsächlich lassen Bayerns höchste Verwaltungsrichter kein gutes Haar an dem Projekt. Sie werfen der Stadt nicht nur formale Fehler im Genehmigungsverfahren vor. Ein Beispiel hierfür ist, dass sie sich nicht rechtzeitig entsprechende Ausgleichsflächen für das Projekt gesichert hat. Sondern der VGH meldet außerdem "erhebliche Bedenken" gegen den Umgang der Stadt mit dem Planungs- und dem Naturschutzrecht an. So missachtet Teublitz laut VGH das sogenannte Anbindegebot. Danach dürfen Gewerbegebiete nicht einfach in der freien Landschaft eingerichtet werden, sondern müssen an den jeweiligen Ort anschließen. Zwar hat der Freistaat das Anbindegebot sehr zum Ärger von Naturschutzverbänden zuletzt deutlich gelockert. Aber die Teublitzer Pläne sind selbst mit diesen Lockerungen nicht vereinbar. Ähnlich massiv verstößt die Stadt gegen Naturschutzrecht, etwa bei der Erfassung von Biotopen im Planungsgebiet oder dem Artenschutz.

Der Flächenfraß zählt zu den drängendsten Umweltproblemen in Bayern. 2020 ist er abermals angestiegen. Im vergangenen Jahr wurden pro Tag 11,4 Hektar Wiesen, Wald, Äcker oder andere freie Landschaft pro Tag in Bauland für Siedlungen, Gewerbe, Straßen oder andere Verkehrswege umgewandelt. 2019 waren es 10,8 Hektar täglich. Jede Woche gehen inzwischen zwei Bauernhöfe mit je 40 Hektar Agrarland verloren. Aufs Jahr gesehen entspricht das einer Stadt von der Größe des oberfränkischen Forchheim. Dabei hat die Staatsregierung versprochen, den Flächenfraß zu halbieren. Bis jetzt gibt es aber kein Anzeichen, dass sie das einlösen kann. Der Teublitzer Bürgermeister Beer äußerte sich zurückhaltend zu dem Urteil. Man werde sich mit Planern und Anwälten beraten und dann über das weitere Vorgehen entscheiden.

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