Stimmenkönig in Bayern:Der Hochprozenter

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Seit 2002 im Bundestag: Stimmenkönig Stephan Mayer (Foto: dpa)

Er sucht nur selten das Rampenlicht, dennoch schlägt er sogar Minister Ramsauer: 65,77 Prozent bekam der bayerische Stimmenkönig Stephan Mayer aus Altötting. Deutschlandweit war nur ein CDU-Abgeordneter noch besser, doch Mayer hat ein Problem - sein Wahlkreis gehört zu Oberbayern.

Von Hans Kratzer

Obwohl er mit seinen 39 Jahren erst die Reife der späten Jugend durchschreitet, wäre es grundfalsch, den CSU-Bundestagsabgeordneten Stephan Mayer als jungen Hoffnungsträger zu etikettieren. Immerhin ist der ledige Jurist bereits im Jahre 2002 in den Bundestag eingerückt, weshalb er durchaus zu den Etablierten im Berliner Politikbetrieb gerechnet werden muss. Deshalb überrascht es kaum, dass Mayer bei der Bundestagswahl ein Ergebnis erzielt hat, das sonst eher altgedienten CSU-Schlachtrössern wie Ernst Hinsken und Peter Ramsauer zuteil wird.

Mayer hat im Wahlkreis Altötting nicht nur zum vierten Mal hintereinander das Direktmandat für die CSU geholt, sondern er schaffte sogar das Kunststück, mit 65,77 Prozent das beste Ergebnis aller bayerischen Bundestagskandidaten einzufahren und im Ranking aller deutschen Abgeordneten hinter dem CDU-Kollegen Franz-Josef Holzenkamp aus Vechta auf Platz zwei zu landen.

Mayers Beliebtheit beim südostbayerischen Wähler spiegelt sich nicht zuletzt in seinem Erststimmen-Ergebnis wider: Dieses liegt um fast sieben Prozentpunkte über dem Zweitstimmenergebnis für die CSU (58,63 Prozent). In manchen Ortschaften erreichte Mayer sogar mehr als 80 Prozent der Stimmen, das sind Ergebnisse von beinahe altsowjetischer Dimension.

Seit altersher bringt die Sozialdemokratie im tiefschwarzen Altöttinger Land bei Landtags- und Bundestagswahlen keinen Fuß auf den Boden, weshalb viele davon überzeugt sind, die CSU könnte hier auch mit einem Besenstiel eine Mehrheit erringen. Diese intensive christsoziale Düngung des südostbayerischen Raums schafft das Fundament für Mayers Erfolge. Bereits bei seiner ersten Wahl im Jahr 2002 ergatterte er 65,71 Prozent der Stimmen. Das war damals das siebtbeste Ergebnis bundesweit, und das für einen 28-jährigen Nobody aus der Jungen Union, der erst den klassischen Karriereweg durch Gemeinderat und Kreistag angetreten hatte.

Allerdings blickte Mayer von Anfang an über das Geflecht von Juristerei und Partei hinaus, stammt er doch aus einem Neuöttinger Hutgeschäft, das heute noch Modisten ausbildet. Seine bundespolitische Karriere begann dann sozusagen Knall auf Fall. Josef Hollerith, der damalige CSU-Abgeordnete des Wahlkreises Altötting, hatte kurz vor der Bundestagswahl 2002 seine Kandidatur zurückgezogen, obwohl er bereits nominiert war. Hollerith war wegen einer lokalen Finanzaffäre in die Schlagzeilen geraten und warf das Handtuch.

Die CSU musste schnell einen neuen Kandidaten aus dem Hut zaubern, und so fiel die Wahl 74 Tage vor der Bundestagswahl auf den jungen Mayer, der bis dahin als Rechtsanwalt in Altötting gewirkt hatte. Spontan hatte er seine Kandidatur angemeldet, was ihm die Delegierten mit der prompten Nominierung dankten. Auch die Wähler honorierten die Aufstellung eines Jungspundes anstelle eines alten Krauterers. Diese Parteitaktik, die von der CSU immer wieder mit großem Erfolg praktiziert wird, griff auch in Altötting.

In Berlin war Mayer sofort gefordert. Die CSU-Landesgruppe entsandte den Neuling gleich in den wichtigen Innenausschuss des Bundestags, in dem er bis heute aktiv ist. "Dort liegt mein Schwerpunkt", sagt Mayer, der zwar Vorstandsmitglied der Partei ist, aber noch nicht zur ersten Garde der CSU gezählt wird. Vielleicht liegt es daran, dass er nicht herumgickerlt wie so mancher Fraktionskollege und dass er das Rampenlicht nur selten sucht.

Sein Image als Wunsch-Schwiegersohn mit latentem Bubencharme reicht für Wahlerfolge jederzeit aus. Oberste Priorität in Bayern hat für ihn die Verbesserung der ungenügenden Verkehrsanbindung seines wirtschaftlich boomenden Wahlkreis Altötting. Den Bau der A 94 und den Bahnausbau in Richtung München nennt er diesbezüglich als seine zentralen Themen. Etwas diffus wirkte er als Politiker zuletzt in der NSA-Abhöraffäre, in der er ungewöhnlich stramm die Linie der Amerikaner vertreten hat.

Viele warme Worte erhält Mayer für seinen Fleiß. "Für seinen Wahlkreis läuft er sich die Hacken ab", loben ihn die Lokalpolitiker der CSU. Erst kürzlich hat die Feuerwehr Altötting beim Erwerb eines Spezialfahrzeugs wieder von seiner Unterstützung profitiert. Die Arbeit in seinem Wahlkreis mache ihm am meisten Spaß, bekennt er selber. "Da kann ich konkrete Hilfestellung vor Ort leisten."

Nach seinem spektakulären Wahlerfolg wäre nun der nächste Karrieresprung fällig. Mayers Pech ist freilich, dass sein Wahlkreis zu Oberbayern gehört, wo eine Horde an Alphatieren nach Posten giert. Als Niederbayer würde ihm sein Traumergebnis wohl eher einen Staatssekretärsposten bescheren. Er selber gibt sich keinen Spekulationen hin. "Da müssen Sie den Seehofer fragen", sagt er dazu nur.

© SZ vom 24.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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