Schutzgebiet im Steigerwald:Schluss, aus, basta

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Schutzlos: mit Moos überzogene Baumwurzeln in einem Buchenwald bei Handthal im Steigerwald. (Foto: Johannes Simon)
  • Naturschützer und Grüne sind entsetzt über das Vorgehen der Behörden bei der Aufhebung des Schutzgebiets im Steigerwald.
  • Man wundert sich vor allem über das Tempo und die Selbstverständlichkeit, mit der sich die Verwaltungen über alle Gepflogenheiten hinweggesetzt haben.
  • Der Chef des Umweltausschusses im Landtag will nach den Sommerferien Ministerin Scharf in den Ausschuss bestellen.

Von Christian Sebald, München

Auch am Tag danach sind die Naturschützer im Steigerwald noch völlig baff. Zwar nicht über die Tatsache, dass die Regierung von Oberfranken im Einvernehmen mit Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) das Schutzgebiet "Der Hohe Buchene Wald im Ebracher Forst" tatsächlich aufgehoben hat. Das haben sie erwartet, nach dem massiven Druck, den die Nationalpark-Gegner in der Region und in der CSU bis in die Staatsregierung hinauf gemacht haben. Aber über das Tempo und die Selbstverständlichkeit, mit der sich die Verwaltungen über alle Gepflogenheiten hinweggesetzt haben - so als wollten sie die Urlaubszeit nützen, in der Hoffnung, ihr Schlussstrich unter den Dauerstreit um den Naturschutz im Steigerwald erhalte so weniger Aufmerksamkeit.

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Tatsächlich ist der Ablauf denkbar ungewöhnlich. Ein Beobachter, der viel Erfahrung mit Verwaltungen hat und daher nicht namentlich genannt werden will, sagt sogar, "ein solches Tempo habe ich noch nie erlebt in einer Verwaltung". Ein anderer erklärt, Regierung und Ministerium "bewegen sich offenkundig an der Grenze des rechtsstaatlichen Verhaltens". Die Landtagsopposition spricht von einer rein politischen Entscheidung ohne fachliche Grundlage.

Ungewöhnlich schnelle Entscheidung

Die Vorwürfe stützen sich darauf, dass beide Verwaltungen letztlich nur fünf Arbeitstage für ihren Beschluss gebraucht haben. Dabei sind allein bei der Anhörung zu der rechtlich höchst komplizierten Materie 52 Stellungnahmen eingegangen - vier Fünftel gegen eine Aufhebung. Vor der Entscheidung mussten Bezirksregierung und Ministerium eine jede auswerten und ausführlich würdigen. "Für gewöhnlich dauert so etwas Wochen, wenn nicht Monate", sagt der Verwaltungsexperte. "Dass das in gerade mal einer Arbeitswoche geht, ist ganz neu."

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Von Christian Sebald

Das ist es nicht alleine. Es ist guter Brauch bayerischer Behörden, jeden, der sich in einem Verfahren zu Wort meldet, nicht nur über die Entscheidung zu informieren, bevor sie veröffentlicht wird. Sondern ihm diese auch ausführlich zu begründen. Das ist aber nicht passiert. Bisher hat die Bezirksregierung nur erklärt, dass das Schutzgebiet rechtswidrig sei und aufgehoben wird. "So geht das nicht", sagt der Verwaltungsfachmann. "Dann kann sie gleich sagen: Schluss, aus, basta."

Der Chef des Umweltausschusses im Landtag, Christian Magerl (Grüne), will den neuen Stil denn auch nicht hinnehmen. Gleich nach den Sommerferien wird er Ministerin Scharf in den Umweltausschuss einbestellen. Dort soll sie erläutern, wie es zu dem überaus schnellen Beschluss gekommen ist und welche Rolle sie gespielt hat. In der Bezirksregierung versteht man die Aufregung nicht. "Den einen arbeiten wir zu langsam, den anderen zu schnell", sagt ein Sprecher, "wir machen es nie allen recht." Was die Erwiderungen auf die 52 Stellungnahmen in dem Verfahren anbelangt, die reiche man natürlich nach.

© SZ vom 14.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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