König Ludwig II. hat einst im Wasser den Tod gefunden, und beinahe hätte sein Lieblingsschloss ein ähnliches Schicksal erlitten. Im Mai 1945 drangen amerikanische Besatzungssoldaten in das am Starnberger See gelegene Schloss Berg ein, in dem vorher eine Einheit der Geheimen Staatspolizei untergebracht war. Als die Amerikaner das "Nazi-Areal" wieder verließen, drehten sie im zweiten Stock die Wasserhähne auf, das tagelang fließende Nass flutete alle Räume.
"Das Schloss ist ertrunken wie der König", sagten die Anwohner am See. Das Wasser hatte den denkmalgeschützten Bau so gründlich zerstört, dass ihm der Abriss drohte. Das Gebäude wurde dann doch gerettet, aber man führte es auf die schlichte Urform des 16. Jahrhunderts zurück. Vom Interieur zu Zeiten Ludwigs II. blieb nichts übrig.
König Ludwig II.:Der "Kini" wollte weg aus Bayern
Ludwig II. wollte auf "ein stilles, erhabenes Eiland" auswandern. Sein Kundschafter suchte auf der ganzen Welt nach einem passenden Ort - und hielt schließlich Afghanistan für besonders geeignet.
Trotzdem ist Schloss Berg untrennbar mit dem Namen des Königs verbunden. Von allen Königsschlössern ist es das kleinste und unscheinbarste, es gleicht eher einer Villa als einem Schloss. Und doch war es Ludwigs Herzensort schlechthin. Hier verbrachte er die meiste Zeit seines Lebens, hier schmiedete er seine Baupläne, hier empfing er Gäste wie den Komponisten Richard Wagner und die russische Zarin Maria Alexandrowna. Nicht zuletzt verbrachte er hier die letzten Stunden vor seinem Tod im Juni 1886.
Nach seiner Entmündigung war Ludwig nach Berg gebracht worden, wo er und der Arzt Bernhard von Gudden bei einem Spaziergang im See ertranken. Schon deshalb ist es verständlich, dass viele Menschen einen Blick in dieses Schloss werfen wollen. Das geht aber nicht, das Schloss ist im Privatbesitz der Wittelsbacher. Anders als in Neuschwanstein, Linderhof und Herrenchiemsee haben Besucher in Berg seit fast einem Jahrhundert keinen Zutritt mehr.
Das Interesse an diesem geschichtsträchtigen Gebäude kann jetzt zumindest partiell in einer Ausstellung in Benediktbeuern gestillt werden. Man erfährt dort nicht nur, dass sich Ludwig II. zeitlebens gern am Starnberger See aufhielt, sondern dass er neben der Roseninsel und Possenhofen von Kindheit an das am Ostufer gelegene Schloss Berg liebte, das er schließlich zu seiner Sommerresidenz machte.
Das Schloss war kurzzeitig ein Museum
Alljährlich verlegte er am 11. Mai seinen Sitz nach Berg, von dort aus führte er jeweils bis Ende Oktober die Regierungsgeschäfte. Dafür wurde eigens eine Telegrafenleitung nach München eingerichtet. "In Berg verlebte Ludwig die sonnigste und düsterste Zeit seines Lebens", resümierte die Schriftstellerin Luise von Kobell. "Wie in einem Ring berühren sich hier Anfang und Ende." Das macht diese Wohnstatt so einzigartig.
Die Ursprünge des Baus reichen freilich bis ins 16. Jahrhundert zurück, damals wurde an diesem Ort ein Herrenhaus errichtet. 1676 ging der Bau in den Besitz der Wittelsbacher über. Er hat also bei Weitem nicht nur mit Ludwig II. zu tun. "Der war bereits der 20. Besitzer", sagt Alfons Schweiggert, der Kurator der Ausstellung in Benediktbeuern, der zu dem Thema auch ein Buch verfasst hat ("Ludwig II. und sein Paradies am Starnberger See", Allitera Verlag). Durch den schadensbedingten Umbau in den 50er-Jahren nahm das Schloss wieder die Form eines einfachen kubischen Baus mit fast quadratischem Grundriss, drei Geschossen und einem Zeltdach an. Nach der Entfernung der Türme, Zinnen und des neugotischen Fassadenstucks stellt sich Schloss Berg wie in seiner Frühzeit als ein typisches Beispiel eines kleinen bayerischen Landsitzes der Spätrenaissance dar.
Erstaunlich ist: Nach dem Tod Ludwigs II. wurde das Schloss tatsächlich einige Zeit als Museum genutzt. In der Ausstellung ist eine Eintrittskarte zu sehen, die damals 50 Pfennige kostete. Präsentiert wird auch eine Postkarte, auf der Besucher abgebildet sind, die das Schloss Berg verlassen. Souvenirjäger hatten aber seinerzeit Teile der Einrichtung mitgehen lassen. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs war die Ära des Museums beendet. 1923 ging das Schloss in die Obhut des Wittelsbacher Ausgleichsfonds über. Gut 150 Exponate und viele unbekannte Bilder ermöglichen nun in der Ausstellung rare Einblicke, wie sie in der Realität nicht mehr möglich sind.
Bis 3. Juli, Kloster Benediktbeuern, Michael-Ötschmann-Weg 4. So 11-17 Uhr, Di/Sa 13-17 Uhr, Begleitprogramm: www.bezirk-oberbayern.de