Sanierungsstau:Bayerns Bäder bröckeln

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Betreten verboten: In Bayern gelten 223 der insgesamt 867 öffentlichen Schwimmbäder als dringend sanierungsbedürftig. (Foto: Florian Peljak)

Mehr als die Hälfte aller öffentlichen Schwimmanlagen ist sanierungsbedürftig. Die Grünen sorgen sich um die Schwimmfähigkeit der Kinder und fordern von der Staatsregierung eine massive Erhöhung der finanziellen Mittel.

Von Max Weinhold, München

Mehr als die Hälfte aller öffentlichen Schwimmbäder in Bayern ist sanierungsbedürftig. Das geht aus einer Anfrage der Landtags-Grünen an die Staatsregierung hervor. Demnach seien 223 der insgesamt 867 öffentlichen Schwimmbäder sogar "dringend sanierungsbedürftig", wie es in der Antwort auf die Anfrage heißt, die der Abgeordnete Johannes Becher an das von Christian Bernreiter (CSU) geführte Ministerium für Wohnen, Bau und Verkehr stellte.

Die Abfrage des Ministeriums in den Städten und Gemeinden ergab außerdem, dass sich die Kosten für Sanierungen auf mittlerweile 1,78 Milliarden Euro angestaut haben. Dazu zählen neben Investitionen in Schwimmanlagen auch etwa solche in gastronomische Angebote. Bei einer Abfrage im Jahr 2018 betrugen die Kosten noch rund 1,2 Milliarden Euro.

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Die Staatsregierung hatte 2019 ein Förderprogramm zur Unterstützung der Kommunen bei der Sanierung und Erhaltung ihrer Bäder beschlossen. Verteilt über sechs Jahre stellt sie zu diesem Zweck insgesamt 120 Millionen Euro zur Verfügung.

Förderprogramm nur "berühmter Tropfen auf heißem Stein"

Johannes Becher, Grünen-Sprecher für Kommunale Fragen, nennt die Summe den "berühmten Tropfen auf dem heißen Stein". Er findet es "absurd, dass die Söder-Regierung jeden Vorschlag mit Verweis auf das Förderprogramm abwiegelt". Becher erneuert zudem die Forderung der Grünen nach jährlich 50 statt 20 Millionen Euro für die Sanierung der Bäder. "Aber selbst das wird aufgrund der neuen Zahlen nicht ausreichen."

Becher weist vor dem Hintergrund von 15 seit 2019 geschlossenen öffentlichen Bädern auch auf Zahlen der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) hin. Diesen zufolge ertranken 2021 in keinem Bundesland mehr Menschen als in Bayern. Laut DLRG starben in dem Zeitraum 60 Menschen, ein Fünftel der bundesweit Ertrunkenen. Das sei "ein trauriger Rekord", sagt Becher. Seit Jahren gehe die Schwimmfähigkeit bei Kindern und Jugendlichen zurück, Schwimmen zu lernen sei lebenswichtig. "Wir müssen den Kommunen helfen, ihre Schwimmbäder zu sanieren. Jedes weitere Zögern verschlimmert die Lage."

Thomas Huber, Vorsitzender der Bayerischen Wasserwacht und CSU-Landtagsabgeordneter, beobachtet ebenfalls einen "Rückgang der Verfügbarkeit an Schwimmbahnen". Der hohe Sanierungsbedarf habe dabei ebenso negative Auswirkungen wie die Pandemie und das ausgefallene Schulschwimmen. Es bestehe daher bei der Schwimmfähigkeit der Kinder "dringender Handlungsbedarf". Deshalb gelte es jetzt, "die Weichen dafür zu stellen, dass dem Bädersterben Abhilfe geleistet wird". Huber verweist hierzu auf das Förderprogramm der Staatsregierung von 2019 und erwartet von den Kommunen, dass "diese Fördergelder abgerufen und im Sinne der Schwimmfähigkeit zeitnah investiert werden".

Die meisten öffentlichen Bäder sind "höchstdefizitär"

Dass die Mittel aber nicht immer reichen, zeigt ein Beispiel aus dem Allgäu. Im Freibad Seltmans in Weitnau sickert unaufhörlich Chlorwasser in die Erde - der Sanierungsbedarf ist offensichtlich. Allerdings droht dem Bad die dauerhafte Schließung, denn: Selbst unter Inanspruchnahme von Fördergeldern müsste die Marktgemeinde gut 1,5 Millionen Euro selbst aufbringen. "Das können wir leider nicht stemmen", sagte kürzlich Bürgermeister Florian Schmid laut einem Bericht auf der Internetseite Weitnaus.

Uwe Brandl, CSU-Bürgermeister der Stadt Abensberg (Kreis Kelheim) und Vorsitzender des Bayerischen Gemeindetages, betont, dass "die meisten öffentlichen Bäder höchstdefizitär sind". Eine Sanierung sei nur dann möglich, wenn entsprechende Unterstützungsleistungen durch den Staat vorhanden seien. Dieser müsse bei seinen Ausgaben natürlich Prioritäten setzen. Auch wenn er, Brandl, verstehe, dass man "da nicht in die Vollen geht" und auch die Kommunen eine Verantwortung tragen, laute die generelle Frage: "Ist es nicht Staatsaufgabe, dafür zu sorgen, dass bestimmte Basiseinrichtungen, die der Gesundheit dienen oder dem Erlernen von Schwimmen, vorhanden sind?"

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