Naturschutz:Klaffende Wunde am Heuberg

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Der Steinbruch am Heuberg reicht schon weit über die genehmigte Abbauhöhe hinaus. (Foto: Matthias Köpf)

Der Rosenheimer Kreistag stellt erstmals die umstrittene Erweiterung der Steinbruchs am Heuberg in Frage. Der liegt eigentlich in der besonders strengen Schutzzone C des Alpenplans.

Von Matthias Köpf, Nußdorf am Inn

Im Streit über die geplante Erweiterung des Steinbruchs am Heuberg bei Nußdorf am Inn verlangt der Rosenheimer Kreistag eine neue und dieses Mal überörtliche Prüfung des Projekts. Die Mehrheit der Kreisräte stellt sich damit gegen das Landratsamt, das allein sich selbst für das Verfahren zuständig sieht und lange die Genehmigung des Vorhabens vorangetrieben hat. Stattdessen zielt eine Resolution, die der Kreistag nun mit großer Mehrheit in Auftrag gegeben hat, auf ein neues Raumordnungsverfahren bei der Regierung von Oberbayern. Dabei soll zunächst geprüft werden, ob sich die Steinbrucherweiterung mit der übergeordneten Landesplanung und mit dem Landschafts- und Naturschutz im Gebirge verträgt.

Der seit 1961 betriebene Steinbruch klafft schon seit vielen Jahren als weithin sichtbare Wunde am Heuberg über dem Inntal. Dabei hätte er laut der ursprünglichen Genehmigung weitestgehend hinter einer verbleibenden Felswand verborgen bleiben sollen. Im Streit über seine weitere Ausdehnung nach oben hatte der Bayerische Verwaltungsgerichthof den längst begonnenen Abbau oberhalb einer Linie von 758 Höhenmetern vorläufig gestoppt.

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Auf ein abschließendes Urteil hatten es dann aber weder die klagende Gemeinde Nußdorf noch die Firma Rohrdorfer Zement als Betreiberin des Steinbruchs ankommen lassen. Seither versucht das Unternehmen, die alte Abbaugenehmigung entsprechend erweitern zu lassen, um dort bis zum Jahr 2070 weitere knapp zehn Millionen Tonnen Kalkstein für die Zementproduktion abbauen zu können. Rein dem Volumen nach würde dies mehr als eine Verdopplung der bisherigen Abbaumenge bedeuten. Das Unternehmen versichert jedoch, neue Abbauflächen schnell zu rekultivieren.

Der Steinbruch würde heute so nicht mehr genehmigt

Ein Raumordnungsverfahren, wie es auf Betreiben von Grünen, SPD, Freien Wählern, ÖPD und Parteifreien nun auch der Rosenheimer Kreistag fordert, hatte vor einigen Monaten bereits der Verein zum Schutz der Bergwelt verlangt. Allerdings hatte die Regierung von Oberbayern, die dieses Verfahren führen müsste, daraufhin mitgeteilt, dass es dafür keine rechtliche Grundlage gebe.

Nach Ansicht des Landratsamts entfaltet eine solche Raumordnung ohnehin "keine unmittelbare Rechtswirkung". Die Behörde hatte den Kreisräten stattdessen angeboten, "neben den öffentlichen-rechtlichen Vorschriften auch die Alpenkonvention, den Bergwaldbeschluss und den sogenannten Alpenplan" zu berücksichtigen.

Denn der bestehende Steinbruch befindet sich zu großen Teilen und die beantragte Erweiterungsfläche komplett in der besonders strengen Schutzzone C des Alpenplans. Dieser trat allerdings erst nach der erstmaligen Genehmigung des Steinbruchs in Kraft. Gleichwohl berufen sich Kritiker der Erweiterung darauf, dass der gesamte Steinbruch nach der aktuellen Rechtslage nicht mehr genehmigt würde. Die Gemeinde Nußdorf, etliche Naturschutzorganisationen sowie einzelne Bürger haben im laufenden Verfahren insgesamt rund 1200 Einwände gegen das Projekt vorgebracht. Das Landratsamt hatte zunächst auf den Infektionsschutz in der Corona-Pandemie verwiesen und so auf die übliche öffentliche Erörterung dieser Einwände verzichten wollen. Inzwischen hat es dafür aber einen Termin im November anberaumt.

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