Regierungserklärung von Seehofer:Allwissend, aber ohne Lösung

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Der Horst sei mit euch: Ministerpräsident Seehofer, eigentlich ein Spaßvogel, mit Hang zur Inbrunst bei seiner Regierungserklärung im Landtag. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Er inszeniert sich als alleinherrschender Landesvater, aber seine Lösungsvorschläge bleiben wolkig: Wer wissen will, warum Horst Seehofer so erfolgreich ist, muss sich seine Regierungserklärung ansehen. Eine Wellness-Rede.

Ein Kommentar von Sebastian Beck

Dem ein oder anderen Zuhörer dürfte am Dienstag im bayerischen Landtag ein wohliger Schauder über den Rücken gelaufen sein. Denn Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer setzte bei seiner ersten Regierungserklärung voll auf große Worte. Keine Spur von seinen ironischen Sprüchen, nicht einmal ein kleiner Scherz auf Kosten eines Hinterbänklers. Stattdessen zeichnete er das Bild des weiß-blauen Paradieses.

Ein Land, in dem die Menschen solidarisch sind und füreinander einstehen. Ein Land, in dem es kaum besser laufen könnte. Es war sogar eine Spur Demut herauszuhören, dass die CSU bei der Landtagswahl wieder das Vertrauen der Bürger gewonnen hat.

Wer wissen will, warum Seehofer solchen großen Erfolg in Bayern hat, der musste sich nur diese Wellness-Rede anhören. Es ist die Art und Weise, wie er Politik intoniert. Er stellt die Bürger und ihren Willen in den Vordergrund und vermeidet jegliche Polarisierung und Ausgrenzung.

Allwissend, meist gütig, gelegentlich strafend

Damit unterscheidet er sich wohltuend von seinen beiden Vorgängern: Edmund Stoiber schrie 2003 sein rigoroses Spar- und Reformprogramm regelrecht in den Plenarsaal hinein. Sein glückloser Nachfolger Günther Beckstein wirkte 2007 so verunsichert, dass er fast schon Mitleid erregte. Seehofer hingegen macht in der neuen Legislaturperiode genauso weiter, wie er in der alten aufgehört hat: Er inszeniert sich als alleinherrschender Landesvater.

Allwissend, aber auch meist gütig, gelegentlich strafend. Wenn es sein muss, dann gibt es sogar Hiebe für die eigenen Leute. Er ist als Maut-Held aus den Koalitionsgesprächen in Berlin nach München zurückgekehrt. Auch hier habe er sich gegen die Zweifler durchgesetzt, wie er genüsslich ausführt.

Inhaltlich? Unspektakulär

I nhaltlich war seine Regierungserklärung hingegen unspektakulär. Seehofer listete einigermaßen vollständig die Probleme des Freistaats auf. Seine Lösungsvorschläge blieben hingegen meist präsidial-wolkig.

Bezeichnend waren seine Ausführungen zur Bildungspolitik. Wo Stoiber vor zehn Jahren nicht nur seine Gefolgsleute mit der Einführung des achtstufigen Gymnasiums überrumpelte, da kündigte Seehofer an: "Es wird in den nächsten Jahren keine neuen Schulreformen geben." Das heißt mit anderen Worten, dass es mit ihm kein Zurück zum alten G 9 geben wird, was viele Eltern fordern und die Freien Wähler mit einem Volksbegehren durchsetzen wollen.

Die Karriere von Horst Seehofer
:Einzelkämpfer mit Machtinstinkt

Horst Seehofer hat sich aus ärmlichen Verhältnissen zum bayerischen Ministerpräsidenten hochgearbeitet. Seine Karriere ist alles andere als geradlinig verlaufen, seine Arbeitswut hätte ihn fast das Leben gekostet. Nun hat er den Höhepunkt seiner Macht erreicht. Ein Werdegang in Bildern.

Noch viel größer sind die Missstände an den bayerischen Hochschulen. Hier klaffen Anspruch und Wirklichkeit drastisch auseinander. Im deutschen Vergleich sind die zwei Münchner Universitäten zwar Spitze. International haben aber auch sie längst den Anschluss verloren. Forscher und Studenten aus dem Ausland lassen sich nur schwer an Unis locken, in denen es durch die Decke regnet und wo in Vorlesungen um Stehplätze gekämpft wird. Die provinzielle Ausstattung der Universitäten passt so gar nicht zu Seehofers Anspruch, bei der Internationalisierung ganz vorne dabei zu sein. In seiner Regierungserklärung kündigte er zwar Milliarden für die Gebäudesanierung und 50.000 neue Studienplätze an, solche Absichtserklärungen sind allerdings nicht neu.

Auf Stimmungslagen reagiert Seehofer wie immer prompt: Deshalb kündigte er am Dienstag sogleich landesweite Volksbefragungen bei großen Infrastrukturprojekten an - auch eine Reaktion auf die Bürgerentscheide gegen Olympia 2022. Wie eine damit verbundene Verfassungsänderung aussehen soll, das verriet Seehofer aber noch nicht. Ist ja auch Detailkram. Er kümmert sich ums große Ganze.

Aus der CSU-Fraktion war ein erstes, wenn auch vorsichtiges Gemaule zu hören, nach dem Motto: Wir sind aber auch noch da und wollen ein bisschen mitreden. Das wird Seehofer nicht sonderlich stören: Er wird auch weiterhin einfach das machen, was er will.

© SZ vom 13.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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