Regensburg:Landgericht lehnt weitere Anklage gegen Wolbergs ab

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Im laufenden Prozess gegen Joachim Wolbergs geht es auch um runf 475 000 Euro an Parteispenden aus dem Umfeld des Unternehmers Tretzel. (Foto: Armin Weigel/dpa)
  • Die Staatsanwaltschaft Regensburg hat in einem zweiten Verfahren Anklage gegen den suspendierten Oberbürgermeister Wolbergs erhoben.
  • Doch das Landgericht hat die Anklage nicht zugelassen. Die Richter sehen zu große Ähnlichkeiten zum bereits laufenden Verfahren.
  • In dem nun abgewiesenen Fall ging es um Spenden von einem Unternehmer in Höhe von gut 160 000 Euro.

Von Andreas Glas, Regensburg

Das Regensburger Landgericht hat eine zweite Anklage gegen den suspendierten Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) nicht zugelassen. Das Gericht betrachtet die Anklage als zu ähnlich zu dem, was im derzeit laufenden Korruptionsprozess gegen Wolbergs verhandelt wird. In beiden Fällen geht es um Parteispenden aus der Baubranche und mutmaßliche Gegenleistungen des OB - die Bauunternehmer, aus deren Umfeld die Spenden flossen, unterscheiden sich dagegen. Die Wolbergs-Verteidigung kritisierte am Montag die "künstliche Aufspaltung" der Vorwürfe durch die Staatsanwaltschaft in mehrere Ermittlungsverfahren. Das Gericht sprach von einem Befassungsverbot, das weder Verurteilung noch Freispruch zulasse. Damit bleibt womöglich unbeantwortet, ob die Vorwürfe gegen Wolbergs in diesem Fall stimmen oder nicht.

Die Anklage hatte dem OB sowohl Bestechlichkeit vorgeworfen als auch Vorteilsannahme in zwei Fällen. Während sich der laufende Prozess um rund 475 000 Euro an Parteispenden aus dem Umfeld des Bauunternehmers Volker Tretzel dreht, ging es in der zweiten Anklage um Spenden des Unternehmers Thomas D. in Höhe von gut 160 000 Euro. Laut Staatsanwaltschaft setzte sich Wolbergs im Gegenzug für eine Baugenehmigung zugunsten von D.s Firma ein. Thomas D. hatte deshalb bereits im Frühjahr 2018 einen Strafbefehl akzeptiert, verbunden mit einjähriger Bewährungsstrafe und Geldstrafe.

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Nun, da das Gericht die Anklage gegen Wolbergs nicht zulässt, ergibt sich also eine äußert seltene Konstellation: Während es einen Schuldspruch gegen D. wegen Bestechung des Oberbürgermeisters gibt, muss der womöglich bestochene OB in ein und derselben Sache keine Strafe mehr fürchten. Jedenfalls nicht, wenn die Staatsanwaltschaft die Entscheidung des Gerichts akzeptiert. Noch kann die Behörde binnen einer Woche Beschwerde beim Oberlandesgericht Nürnberg (OLG) einlegen, erst danach ist der Beschluss rechtskräftig. Man werde sich den Beschluss "zu Gemüte führen und dann überlegen, was wir tun", sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Regensburg auf Nachfrage. Nur im Falle einer erfolgreichen Beschwerde beim OLG ist die Anklage gegen OB Wolbergs noch möglich.

Ob eine Beschwerde Erfolg haben könnte, ist schwer einzuschätzen. Das Landgericht wies am Montag selbst darauf hin, dass die "Beurteilung der Zusammengehörigkeit mehrerer potenziell strafbarer Verhaltensweisen eines Beschuldigten" auch im Fall Wolbergs "sehr kompliziert" sei. Aus Sicht der Strafkammer habe es jedoch ein "verbindendes Element" gegeben: die Parteispenden, die aus zwei Richtungen auf das Konto des von Wolbergs geführten SPD-Ortsvereins Stadtsüden flossen - einerseits aus dem Tretzel-Umfeld, andererseits aus dem Umfeld von Thomas D. Die Einzelspenden lagen zumeist knapp unterhalb der gesetzlichen Veröffentlichungsgrenze von 10 000 Euro.

Dass das Gericht die zweite Anklage gegen Wolbergs nicht zulässt, könnte weitreichende Folgen haben. Zum einen mit Blick auf zwei weitere Fälle, in denen der OB angeklagt ist. In beiden Anklagen, über die das Gericht noch befinden muss, geht es nämlich ebenfalls um Parteispenden aus der Baubranche und um Gegenleistungen, die Wolbergs erbracht haben soll. Ob auch die Anklagen Nummer drei und vier an einem Befassungsverbot scheitern könnten, dazu wollte ein Gerichtssprecher am Montag keine Einschätzung abgeben.

Wo kein Freispruch, ist Raum für Zweifel

Folgenschwer könnten auch die Auswirkungen auf Wolbergs' politische Zukunft sein - im positiven wie im negativen Sinne für den OB. Einerseits könnte Wolbergs schon bald ins Rathaus zurückkehren, falls es keine weitere Hauptverhandlung gibt und er im derzeit laufenden Korruptionsprozess freigesprochen wird - oder er eine Bewährungsstrafe von weniger als einem Jahr kassiert. Laut Zeitplan könnte ein Urteil am 9. Mai fallen. Jede wegen Befassungsverbots nicht zugelassene Anklage raubt dem OB allerdings auch die Chance, sich restlos zu rehabilitieren. Wo kein Freispruch, ist Raum für Zweifel. Bleibt es dabei, dass das Gericht die Anklage nicht zulässt, dürfte also auch ein Verdacht an Wolbergs kleben bleiben.

Immerhin einen der Verdachtsmomente gegen den suspendierten OB hat das Gericht am Montag in seiner Mitteilung ausgeräumt. Demnach stimmt es zwar, dass der SPD-Politiker keine Maklercourtage für eine Mietwohnung des Immobilienzentrums zahlen musste - doch anders als von der Staatsanwaltschaft angenommen, sei anderen Mietern derselben Wohnanlage ebenfalls keine Maklercourtage berechnet worden. In diesem Punkt habe Wolbergs "keinerlei Sonderbehandlung erfahren", teilte das Landgericht mit.

Man gehe nun davon aus, dass es "zu weiteren Prozessen" gegen den Regensburger OB "nicht kommen" werde, heißt es in der Erklärung der Wolbergs-Anwälte Jutta Niggemeyer-Müller und Peter Witting. Zudem betonten sie erneut, dass die Vorwürfe gegen Wolbergs "jeglicher Grundlage entbehren".

© SZ vom 12.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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